Florian Teichtmeister

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

Florian Teichtmeister über Arthur Schnitzler

"Was die Seele durcheinander rüttelt". Anlässlich des 90. Todestages des Chronisten der Wiener Gesellschaft um 1900 stellt der Schauspieler Florian Teichtmeister seine Lieblingspassagen aus dessen Werken vor

Leutnant Gustl ist ein Trottel. Wenn man in der Historie zurückschaut, dann dürfte Arthur Schnitzler mit dieser Diagnostik wohl nicht ganz danebengelegen sein: Man hat ihm aufgrund dieses Textes ja seine Offiziersstellung beim Militär aberkannt. Er erzählt hier von einem jungen, arroganten, frechen, selbstsicheren, eingebildeten und in letzter Konsequenz sehr feigen Leutnant.

"Die Leut' können eben unserein'n nicht versteh'n, sie sind zu dumm dazu... Wenn ich mich so erinner', wie ich das erste Mal den Rock angehabt hab', sowas erlebt eben nicht ein jeder...Im vorigen Jahr' bei den Manövern -- ich hätt' was drum gegeben, wenn's plötzlich Ernst gewesen wär' ... Und dann, wie Seine Hoheit die Front abgeritten sind, und die Ansprache vom Obersten -- da muss Einer schon ein ordentlicher Lump sein, wenn ihm das Herz nicht höher schlägt..."

Aus dieser Stelle spricht die Verachtung des Offiziers für die Zivilbevölkerung ebenso wie der unnachvollziehbare Wunsch, es möge aus einer militärischen Übung doch endlich ernst werden, um beweisen zu können, was für ein Held man nicht sei. Die Geschichte erzählt uns dann ja nachher, dass dieser Held eigentlich auch unter Todesangst leidet, was sehr normal ist, was er sich aber selbst nie eingestehen dürfte coram publico.

Man ist sehr alleine als Offizier mit seiner Angst, offensichtlich. Man ist auch als Mensch sehr alleine mit seiner Angst. Schnitzler zeigt ja sehr gut die Vereinsamung seiner Figuren. Und der innere Druck in vielen Fällen, das mit sich selbst auszumachen, wird widergespiegelt durch einen gesellschaftlichen Druck, auf den man sich dann ausredet. Der ganze Ehrbegriff des Militärs zu seiner Zeit war Schnitzler ein Gräuel. Die ganze Idee, dass sich junge Menschen tot schießen wegen eines Ehrbegriffs, der durch irgendwelche Nebensächlichkeiten beleidigt worden wäre, war Schnitzler ein Gräuel. Seine Positionierung gegen die Duelle, die dann auch schon verboten waren, ist eindeutig und wahrscheinlich auch ein großer Schritt raus aus der Folklore hin zur Moderne.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Aaron Copland/1900 - 1990
Vorlage: John Steinbeck/1902 - 1968
Album: COPLAND: FILMMUSIK
* Dream march / Traummarsch - 3.Satz a (00:02:25)
Titel: The Red Pony / Gabilan, mein bester Freund - Suite aus der Filmmusik
Orchester: Saint Louis Symphony Orchestra
Leitung: Leonard Slatkin
Länge: 02:25 min
Label: RCA Victor 09026616992

weiteren Inhalt einblenden