Ein Stuhl steht auf einem Friedhof zwischen Grabsteinen

APA/GEORG HOCHMUTH

Gedanken für den Tag

"Abschied und Ankommen" von Ida Maria Jaritz, Lehrerin

Im Western ist der Tod ein harter Kerl, der mit coolen Cowboys auf verschwitzten Pferden durch die Prärie galoppiert. In anderen Filmen ist der Tod ein in schwarz gekleideter Vermummter - gesichtslos, mysteriös und unnahbar. In einer neuen Serie ist der Tod Topmanger/in und verwaltet sein Business wie einen großen Konzern. Das Geschäft mit dem Tod ist für ihn quasi das Geschäft des Lebens, wenn auch nicht seines eigenen. Wen all das nicht anspricht, der denkt vielleicht "der Tod ist anders - das muss ein Wiener sein." Und zumindest der Liedermacher Georg Kreisler würde dem wohl unumwunden zustimmen.

Heute, zu Allerseelen, gedenken viele Menschen ihrer Verstorbenen und an diesem Tag wohl ganz besonders jener Menschen, die vor genau einem Jahr, am 2. November 2020 gewaltsam in der Wiener Innenstadt ihr Leben verloren haben. Ich glaube gerade heute ist es wichtig, den Tod vom Hass zu unterscheiden, gerade dann, wenn der Tod vom Hass instrumentalisiert wird. Die Todesopfer vom 2. November 2020 wurden nicht von dem Tod besucht, von dem Georg Kreisler singt oder den Sergio Leone ins Bild setzte und der immer unter uns weilt, ob es uns nun bewusst ist oder nicht. Nein, die Mordopfer des Anschlags wurden heimgesucht von Verblendung und Fanatismus, von Wut, Raserei und Hass - von einem Menschen, der uns kollektiv bedroht und verletzt hat.

In Österreich haben wir uns dazu entschieden dem Attentäter keinen Namen zu geben. Außer einem: "Oaschloch", wie damals ein Zeuge des Anschlags aus dem Fenster gerufen hat. In dieser Nacht haben wir bewiesen, von "Oaschlechern" lassen wir uns nicht unterkriegen. Ihnen rufen wir selbst im Feuergefecht zu: "Schleich di!" Und das, finde ich, drückt die österreichische Seele aus - nicht nur zu Allerseelen. Wien geht nicht unter. Früher nicht und heute nicht. Davon bin ich überzeugt. Egal, ob wir uns nun darauf einigen können, ob der Tod ein echter Wiener ist oder eben nicht.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Bryce Dessner
Gesamttitel: The Two Popes / Original Filmmusik
Titel: Walls/instr.
Anderer Gesamttitel: Die zwei Päpste
Untertitel: Music from the Netflix Film
Solist/Solistin: Bryce Dessner /Gitarre
Länge: 04:43 min
Label: Milan/Warner

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