Umberto Eco

AFP/FRANCOIS GUILLOT

Gedanken für den Tag

Eco über die Heiligen Drei Könige

Im Wald der Fiktionen - Umberto Eco zum 90. Geburtstag von Brigitte Schwens-Harrant, Literaturkritikerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche".

In Umberto Ecos historischem Schelmenroman "Baudolino" kommt seine Hauptfigur Baudolino ins belagerte Mailand, betritt eine Basilika und trifft auf einen Pfarrer. Dieser erzählt schluchzend, dass er vor Jahren die unversehrten Leiber der drei Magierkönige aus der Weihnachtsgeschichte gekauft habe, ohne zu glauben, dass sie dies auch wirklich seien.

"Ich dachte mir", so erzählt Baudolino diese Begebenheit später seinem Gegenüber, einem Chronisten, "dass eine Reliquie dann etwas taugt, wenn sie ihren Platz in einer wahren Geschichte findet." Es braucht eine Geschichte, damit sie etwas bedeutet. "Eine Pforte ist nur eine Pforte, wenn sie einen Palast um sich herum hat, sonst wäre sie nur eine Öffnung, was sage ich, nicht einmal das, denn eine Leere ohne etwas Volles drumherum ist nicht mal eine Leere."

Die drei Leichname im Sarkophag sind in Mäntel gehüllt, "einer weiß, einer grün, einer rot", also in den Farben, die sich später auf Italiens Nationalflagge finden werden. Die Könige werden angezogen, "wie die Leute glauben, daß sie angezogen sein mußten", sehen also bald so aus wie "Kardinäle der Heiligen Römischen Kirche". Baudolino gibt ihnen die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar - und eine Geschichte, wie sie nach Mailand gekommen sind. Mit dieser Geschichte bringt Erzbischof Rainald sie nach Köln.

Umberto Eco, der vor 90 Jahren am 5. Jänner geboren wurde, hat in seinem Roman "Baudolino" der Legende um die Überführung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln noch eine Legende dazu verfasst. Sie erzählt, wie diese Legende entstanden sein soll. Ecos Baudolino ist ein Schelm, der fortlaufend Geschichten produziert, die er dann selber glaubt.

So manche Fälschung - etwa auch die Konstantinische Schenkung - hat Geschichte geschrieben. Diesem Thema ging Umberto Eco als Wissenschaftler, aber auch als Schriftsteller mit Vergnügen nach. Jeder wissenschaftlichen Entdeckung, so Eco, ging eine Art Erzählung voraus. Sie zu verifizieren oder zu falsifizieren, das ist dann Aufgabe der Wissenschaft.

Service

Umberto Eco, Baudolino, Hanser 2001

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Traditional
Bearbeiter/Bearbeiterin: Steven Sharp Nelson
Bearbeiter/Bearbeiterin: Al van der Beek
Bearbeiter/Bearbeiterin: Jon Schmidt
Album: A FAMILY CHRISTMAS
Titel: We three kings/instr.
Ausführende: The Piano Guys
Ausführender/Ausführende: Jon Schmidt
Ausführender/Ausführende: Steven Sharp Nelson
Ausführender/Ausführende: Al van der Beek
Ausführender/Ausführende: Giles Reaves
Länge: 03:14 min
Label: Portrait/Sony 88883744792

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