Medizinisches Personal in China, Eislaufhalle

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Gedanken für den Tag

Heiner Boberski - Schneller, höher, stärker - gemeinsam

Olympia auf dünnem Eis - Gedanken zu den Olympischen Winterspielen in Peking von Heiner Boberski, Journalist und Buchautor

Der französische Dominikanerpater Henri Didon ist wenig bekannt. Auf diesen begnadeten Prediger geht das Motto der Olympischen Spiele zurück: "Citius, altius, fortius", meist übersetzt mit "Schneller, höher, stärker". 1891 hat er bei einem Schülersportfest, an dem Pierre de Coubertin als Wettkampfleiter teilnahm, diese Formulierung verwendet.
Man kann dieses Motto durchaus positiv sehen, als Antrieb, sich nie ganz zufrieden zu geben. Aber treiben die Olympischen Spiele damit nicht auch die Sucht nach Hypes und Rekorden und die kommerzielle Gier an, die unsere moderne Gesellschaft nicht gerade menschlicher macht? Birgt dieses "Schneller, höher, stärker" nicht auch die Gefahr, dass das Nie-genug-Kriegen zum Lebensideal erhoben wird?
Im Sport wird diese Formel umgesetzt - professionelle Athleten und Athletinnen mit ständig verfeinerten Trainingsmethoden und laufend optimiertem Material lassen die Rekorde purzeln, nicht nur im Sommer, nein, auch im Winter, wenn es schneit. Nur ein Beispiel: Bei Winter-Olympia 1924 kam der weiteste Skispringer auf 50 Meter, 2018 waren es auf der Normalschanze 113,5 Meter und auf der Großschanze 142 Meter.
2021 beschloss das Internationale Olympische Komitee (IOC), dem Motto "Citius, altius, fortius" das Wort "communiter" (gemeinsam) hinzuzufügen. IOC-Präsident Thomas Bach, der Initiator dieser Änderung, verwies auf die Verpflichtung zu mehr Solidarität. Die Sportler und Sportlerinnen sollen sich offenbar nicht nur als rivalisierende Ehrgeizlinge, sondern auch als "community" verstehen.
"Schneller, höher, stärker - gemeinsam." Dazu passt, was dem 50-Meter-Springer von 1924 widerfuhr, dem Amerikaner Anders Haugen, der damals als Vierter gewertet wurde. Ein norwegischer Sportler wies Jahrzehnte später darauf hin, dass man Haugens Wertungspunkte falsch berechnet hatte und ihm eigentlich der dritte Platz zustünde. 1974 beschloss das IOC, dem bereits fast 86-jährigen Haugen mit 50 Jahren Verspätung die Bronzemedaille zuzuerkennen. Der ursprüngliche Dritte, der Norweger Thorleif Haug, war schon 1934 gestorben. Man lud Anders Haugen nach Norwegen ein, in einer Zeremonie im Holmenkollen-Haus übergab ihm Thorleif Haugs jüngste Tochter die Medaille. Ich glaube, auch Pater Henri Didon hätte das gefallen.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Vangelis geb.1943
Bearbeiter/Bearbeiterin: Vangelis (Arr.)
Gesamttitel: CHARIOTS OF FIRE / Original Filmmusik
Titel: Titles/instr.
Anderer Gesamttitel: DIE STUNDE DES SIEGERS / Original Filmmusik
Solist/Solistin: Vangelis
Länge: 03:34 min
Label: Polydor 8000202

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