Heiner Bobersk über Teilnehmen und sein Bestes geben

4. Februar 2022, 06:56

"Dabei sein ist alles." Oft wird über dieses olympische Prinzip gespottet, vor allem, wenn ein Team ohne die ersehnten Medaillen heimkehrt. Davor heißt es meist: "Wir entsenden keine Olympiatouristen." Mit diesem Satz wird Strenge bei der Mannschaftsaufstellung begründet. Denn erstens kosten Olympiateilnehmer und -teilnehmerinnen Geld, und zweitens sollen sie ihre Heimat würdig vertreten und nicht blamieren. Nur wer sich durch entsprechende Leistungen qualifiziert hat, gilt als olympiareif.

"Dabei sein ist alles", ist die volkstümliche Fassung eines Ausspruchs von Pierre de Coubertin, dem Begründer der modernen Olympischen Spiele, der im Original lautete: "Das Wichtige an den Olympischen Spielen ist nicht zu siegen, sondern daran teilzunehmen; ebenso wie es im Leben unerlässlich ist, nicht zu besiegen, sondern sein Bestes zu geben." Mit anderen Worten: Es zählt nicht nur der Olympiasieg, es geht aber darum, die bestmögliche Leistung anzustreben. Schon die Qualifikation für die Olympischen Spiele verdient Anerkennung.

Coubertin machte seine Aussage während der Olympischen Spiele 1908 in London. Inspiriert hatte ihn dazu eine Predigt, die kurz zuvor in der St.-Pauls-Kathedrale gehalten worden war. Ethelbert Talbot, ein Bischof der Episkopalkirche in den USA, hatte sich darin vor Sportlern und Offiziellen der Spiele mit dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth befasst und betont, die Freude am Wettkampf sei wichtiger als ein vergänglicher Preis.

Auf Olympia bezogen darf "Dabei sein ist alles" nicht als Motto für Trittbrettfahrer verstanden werden, sondern als Motivation für leistungswillige junge Menschen. Meist spekulieren sie nicht mit Medaillen, sondern wollen nur mitmachen und ihr Land international repräsentieren. Im Wintersport fallen mir dazu jene jungen Jamaikaner ein, denen der Film "Cool Runnings", ohne sich in allen Details an die historische Realität zu halten, ein Denkmal gesetzt hat. Sie wollen als Bobfahrer an den Olympischen Winterspielen 1988 in Calgary teilnehmen. Von der abschreckenden Warnung ihres Trainers "Beim Bobfahren brechen die Knochen nicht - sie zersplittern!" lassen sich die blutigen Anfänger nicht beirren und verwirklichen ihren Traum.

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• Alexandra Mantler