Zwischenruf

Von Magdalena Holztrattner über Ende der Liebe und Loslassen können

Magdalena Holztrattner ist römisch-katholische Theologin und Sozialethikerin

Am morgigen Valentinstag wird das Fest der Liebenden gefeiert. Blumensträuße werden dem oder der Liebsten geschenkt, in manchen Kirchen werden Segnungsfeiern für Liebende gefeiert. Angenommen und geliebt zu werden macht Menschen lebendig und innerlich ruhig. Nicht umsonst wird in der Bibel immer wieder vom zentralen Gebot der Liebe gesprochen - von der Liebe zu sich selbst, zu Mitmenschen und in letzter Instanz auch zu Gott - dieser Quelle allen Lebens, die uns - so erzählt der Schöpfungsmythos bilderreich - ins Leben geliebt hat.

Nun gehört aber zum menschlichen Leben nicht nur die Erfahrung des Geliebtseins wesentlich dazu. Sondern auch die Erfahrung, dass diese Liebe endet. Trennungen von geliebten Menschen sind schmerzhaft, manchmal sogar traumatisierend. Aber, sie bleiben einem nicht erspart.
Die größten Erfahrungen von Trennung betreffen uns alle: In der Geburt und im Tod. Im Geburtsprozess arbeitet sich das Kind aus dem bergenden Mutterschoß in die Welt hinaus, darf nun mehr und mehr lernen, selbstständig und getrennt von der Mutter zu leben.
Die zweite große Erfahrung der Trennung liegt am Ende des irdischen Lebens. Der Tod ist die letzte große Lebensaufgabe, die auf uns alle wartet.
Weitere Formen der Trennung gehören auch zum Leben: Ein Schulwechsel, ein Umzug, ein Jobwechsel.

Am schmerzhaftesten sind aber wohl die Trennungen, wenn Beziehungen zerbrechen. Die erotische Liebe zwischen zwei Menschen sucht Ewigkeit. "Bis dass der Tod uns scheidet" lautet eine Zusage, die bei Hochzeiten gerne versprochen wird.
Aber das Leben geht oft seine eigenen, unerwarteten Wege. Menschen entwickeln sich auseinander. Erwartungen werden enttäuscht. Vertrauen wird missbraucht. Einsamkeit in der Beziehung würgt. Trennung ist ein Weg, für die meisten ein letzter Weg, mit diesen Situationen umzugehen.
Zu leicht ist es, die Verantwortung dafür nur der anderen Person zuzuschreiben. Bei schmerzhaften Trennungen ist es wichtig, der Trauer, der Wut, der Verzweiflung im geschützten Rahmen Ausdruck zu verleihen. Wohl zu oft wurden durch Handlungen und Worte Wunden geschlagen. Nicht die Schuld-Frage, sondern die Bereitschaft zur Übernahme der eigenen Verantwortung im Beziehungsganzen ermöglicht Heilung.
Der Heilungsprozess braucht Zeit. Aber erst, wenn ein konstruktiver Umgang mit dem Beziehungsende und den dabei erlittenen Verletzungen gefunden worden ist, kann die Frage nach Versöhnung und Verzeihung Raum nehmen.
Ein letztes Abschiedsritual - auch aus einer Ehe - kann hilfreich sein: z.B. kann der Ehering bewusst der anderen Person zurückgegeben werden, kann das Eheversprechen durch eine bewusste Formulierung gelöst, die andere Person vom Versprechen der lebenslänglichen Treue entbunden werden, kann die Hochzeitskerze von beiden bewusst ausgelöscht werden.

Gut gestaltete Trennungen können ermöglichen, aus Beziehungen nicht zerbrochen und gedemütigt, sondern gestärkt und gereift heraus - und allein weiter zu gehen.
Dann kann es vielleicht passen, gemeinsam mit Reinhard Mey zu singen: "Heute weiß ich, sie er hat ihren seinen Teil mit daran, dass ich lieben und leiden und verzeihen kann. Vielleicht hat man´s begriffen, wenn man erkennt: Nicht jede große Liebe braucht auch ein Happy End."

Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Ludwig van Beethoven
Titel: Sonate für Klavier Nr.31 in As-Dur op.110
* Moderato cantabile molto espressivo - 1.Satz (00:06:50)
Klaviersonate
Solist/Solistin: Alfred Brendel /Klavier
Länge: 06:50 min
Label: Philips 4127892

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