Unterwasser-Soundaufnahmen

CHRISTINA GRUBER

Vom Leben der Natur

Den Flüssen und Fischen lauschen

Christina Gruber ist Gewässerökologin und Künstlerin. Sie spricht über akustische Ökologie.
Teil 1: Einer veränderten Umwelt zuhören
Gestaltung: Julia Grillmayr

"Millionen Sensoren auf der ganzen Welt hören unsere Ökosysteme an", erklärt die Gewässerökologin und Künstlerin Christina Gruber. In den allermeisten Fällen sind diese Tonaufnahmen allerdings nicht für menschliche Ohren bestimmt und werden niemals tatsächlich angehört. Vielmehr wird die registrierte Klangwelle von Computerprogrammen analysiert. So können bestimmte Informationen ausgewertet werden. Als Startpunkt dieses Forschungsfeldes der Akustischen Ökologie nennt Christina Gruber das aufkommende Umweltbewusstsein in den 1970er-Jahren, als Biologinnen und Biologen in Nordamerika begannen, ganze Lebensräume mit Mikrophonen aufzunehmen. Diese Ton-Aufnahmen aus den letzten 50 Jahren zeigen die Auswirkungen des Klimawandels. So werde es in vielen Wäldern immer leiser, weil immer mehr Vogelstimmen fehlen.

Als Gewässerökologin interessiert sich Christina Gruber vor allem für Unterwasseraufnahmen. In ihren künstlerisch-forschenden Arbeiten macht sie Sound hörbar, der sonst nur für die maschinelle Auswertung aufgezeichnet wird. Wir hören, wie Landmasse im Mississippi erodiert, wie die Drau Sediment transportiert, welchen Wirbel Kreuzfahrtschiffe in der Donau machen und wie sich das Donnern eines Störs anhört. Gruber arbeitet schon einige Jahre mit dem Stör, einem urtümlichen Fisch, der stark vom Aussterben bedroht ist. Als Bodenbewohner von trüben Flüssen, kann man ihn nur selten sehen, Gruber versucht ihn nun vermehrt vors Unterwasser-Mikrofon zu bekommen.

Den Bereich der Akustischen Ökologie, der sich mit Geräuschen beschäftigt, die von Organismen, wie etwa dem Stör, erzeugt werden, nennt man Bioakustik. Bioakustische Untersuchungen und die Akustische Ökologie insgesamt können der biologischen Forschung nicht-invasive Methoden bereitstellen, erklärt Gruber. Anstatt öfter ins Feld zu gehen und zum Beispiel Gesteinsproben aus einem Fluss zu entnehmen, ließe man ein Hydrophon vor Ort und dokumentiere die Bewegung des Flusses per Audiosignal. Das greift nicht nur weniger in das Ökosystem ein, es ist auch kostengünstiger. So werde langfristiges Monitoring von Lebewesen und Ökosystemen möglich.

Was Christina Gruber an einer akustischen Annäherung an die Umwelt auch interessiert, ist das Trainieren des eigenen Gehörsinns. Kann man das Ohr ähnlich wie das Auge schulen? Forscherinnen und Forscher sind für ihren scharfen Blick bekannt, nun beginnen mehr und mehr auch damit, ihre Ohren zu spitzen.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Vom Leben der Natur - XML
Vom Leben der Natur - iTunes

GESPRÄCHSPARTNERIN:
Mag.a art. Christina Gruber MSc.
Gewässerökologin und Künstlerin

Sendereihe

Übersicht