Ein Messer wird geschmiedet.

AFP/POCHARD-CASABIANCA

Salzburger Nachtstudio

Rache: Übermächtiges Gefühl oder kalkuliertes Desaster?

Rache: Übermächtiges Gefühl oder kalkuliertes Desaster?
Gestaltung: Michael Reitz

Die Weltliteratur ist voll von der Beschäftigung mit der Rache: Kleists Michael Kohlhaas rächt sich brutal an seinem Lehnsherren, Medea tötet Jason und ihre Kinder, Kriemhild nimmt Rache für die Ermordung Siegfrieds. Die kalte Vergeltung, die Emotion der Rachlust scheint tief im Menschen verankert zu sein und sie gehört zu seinem seelischen Repertoire. Der Mensch ist für Rachehandlungen disponiert, er begegnet seiner Lust an der Rache in alltäglichen Situationen - am Arbeitsplatz, beim Warten auf einen verspäteten Zug oder bei der Trennung in einer Partnerschaft.

Doch gleichzeitig wollen wir oft nicht wahrhaben, dass wir rachlustig sind, kanalisieren dieses Gefühl, leben es aus in stellvertretenden Aktionen beim Sport, der Politik oder den Streitereien in Talkshows. In neuzeitlichen Gesellschaften dient Rache oft zusätzlich zur Bemäntelung politisch ausgerichteter Handlungen, wie zum Beispiel der Teufelskreis aus Vergeltung und Widervergeltung im palästinensisch-israelischen Konflikt. Oft dient die Rache auch zur Rechtfertigung fragwürdiger politischer Maßnahmen. Vokabeln wie "angemessene Reaktion", "Präventivschlag" oder "notwendige Gegenmaßnahme" verschleiern, dass hinter einem angeblich rationalen Kalkül das uralte Gefühl der Rachlust steckt.

Philosophien der ganzen Welt wussten um die Macht der Rache. Sie erkannten früh, dass sie dem Menschen eher schadet als nutzt. Und doch geschehen heutzutage die brutalsten Verbrechen mit dem Hinweis darauf, dass Rache ein wie auch immer legitimierter Akt sei - die Anschläge des 11. September 2001 sind nur ein Beispiel dafür. Wie setzen sich Kulturen, Gesellschaft und die Politik mit diesem Missbrauch auseinander? Welchen Einfluss haben soziologische, psychologische oder politische Konzepte auf die erbitterten Gegner von heute? Und: lässt sich die Rachlust beherrschen, lassen sich ihre Wirkungen eindämmen?
Ein Salzburger Nachtstudio von Michael Reitz.

Sendereihe

Gestaltung

  • Michael Reitz