APA/ROBERT JÄGER
Radiokolleg - Energiewende
Holpriger Ausstieg aus dem fossilen Zeitalter. Gestaltung: Juliane Nagiller
21. Februar 2022, 09:05
Keine warme Wohnung, keine motorisierte Mobilität, kein blinkendes Smartphone: Ein Leben ohne Energie ist kaum vorstellbar. Die permanente Verfügbarkeit von Energie ist essenziell für unseren Wohlstand. Gleichzeitig ist klar, mit fossilen Energieträgern lässt sich dieser Lebensstandard nicht mehr aufrechterhalten. Das CO2, das sie ausstoßen, ist die Triebfeder der Klimaerwärmung. Rund drei Viertel aller Treibhausgasemissionen stammen aus der Energiewirtschaft. Der Umstieg auf erneuerbare Energie ist unumgänglich und zugleich eine große Herausforderung, denn unser Energiehunger ist groß.
Der Endenergieverbrauch in der EU sinkt zwar seit rund 15 Jahren leicht, liegt jedoch weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Der österreichische Primärenergiebedarf ist mehr als doppelt so hoch wie der Weltdurchschnitt von 60kWh pro Person und Tag. Eine Kilowattstunde Energie steckt in etwa 100 ml Benzin. Um sie auf einem Fahrrad zu erzeugen, müsste man zehn Stunden lang in die Pedale treten. Verbraucht hat man eine Kilowattstunde hingegen schnell. Indem man beispielsweise drei Minuten warm duscht, ein Abendessen kocht oder eine Ladung Wäsche wäscht.
Weltweit sind Sonnenenergie und Windkraft die beiden erneuerbaren Energiequellen mit dem größten Potenzial. Sie könnten bis zum Jahr 2050 zwei Drittel des Energieverbrauchs weltweit decken. Gleichzeitig weisen beide Energiequellen massive Schwankungen auf, sowohl im Tages- als auch im Jahresschnitt. Diese Schwankungen gilt es auszugleichen. Entweder indem man Strom über riesige geographische Distanzen transportiert oder ihn für einen längeren Zeitraum speichert. Um mit Photovoltaik- und Windkraftanlagen große Energiemengen zu produzieren, werden große Flächen benötigt. Für Photovoltaik-Anlagen bieten sich Hausdächer an oder Flächen, die in Kombination mit Landwirtschaft genutzt werden.
Windräder haben zwar einen geringeren Flächenbedarf, sind aber von der Nachbarschaft nicht gern gesehen. Mit Hilfe von Wasserkraft und Biomasse ließen sich die Versorgungsschwankungen von Wind und Sonne ausbalancieren. Wasserkraft kann jedoch nur in Ländern mit großen Flüssen oder hohen Bergen genutzt werden. In der EU ist ihr Potenzial bereits vollständig ausgeschöpft. Biomasse hingegen braucht sehr viel Platz. Der Anbau von Monokulturen zur Energiegewinnung steht im direkten Konflikt mit der Nahrungsmittelproduktion. Oft werden Gas und Atomenergie daher als ergänzende Energiequellen genannt.
Die EU-Kommission plant beide als grüne Energiequellen zu klassifizieren, damit Investitionen in diese Bereiche zukünftig als nachhaltig eingestuft werden können. Die Energiewende ist technisch möglich, finanziell herausfordernd und gesellschaftlich umstritten. Neben einem massiven Infrastrukturausbau braucht es auch eine massive Kraftanstrengung auf Nachfrageseite. Damit Energie grün werden kann, muss die Energieeffizienz steigen und der Verbrauch zurückgehen. Die umweltschonendste Energie ist jene, die nicht genutzt wird.
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Europäisches Zentrum für erneuerbare Energie Güssing
Christian Holler, Joachim Gaukel, Harald Lesch, Florian Lesch (2021): Erneuerbare Energien zum Verstehen und Mitreden, C. Bertelsmann
International Energy Agency: Net Zero by 2050. A Roadmap for the Global Energy Sector, https://iea.blob.core.windows.net/assets/ad0d4830-bd7e-47b6-838c-40d115733c13/NetZeroby2050-ARoadmapfortheGlobalEnergySector.pdf
Umweltbundesamt: Kurzstudie zum Energieeffizienzgesetz, https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/rep0772.pdf
Gerald Aue, Anton Burger (2021): Wärme & Kälte, Mobilität, Strom: Szenarien für die Dekarbonisierung des Wiener Energiesystems bis 2040; im Auftrag der Wien Energie, https://positionen.wienenergie.at/wp-content/uploads/2021/10/WE-DECARB21-Studie.pdf
Group of Chief Scientific Advisors (2021): A Systemic Approach to the Energy Transition in Europe, European Commission, Scientific Opinion No. 11, https://op.europa.eu/en/publication-detail/-/publication/d01f956f-de07-11eb-895a-01aa75ed71a1/l
Christian Mikovits, et al. (2021): A Spatially Highly Resolved Ground Mounted and Rooftop Potential Analysis for Photvoltaics in Austria, International Journal of Geo-Information, Vol 10 (6); https://www.mdpi.com/2220-9964/10/6/418