AP/MATT ROURKE
Gedanken für den Tag
Barbara Maier über Dasein und Existenz
"Grenzerfahrungen in der Corona-Pandemie" von Barbara Maier, Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring in Wien
14. März 2022, 06:56
Seuchen? Kriege? Ja, woanders, nicht hier bei uns. In unserem Alltag leben wir für gewöhnlich selbstvergessen in "no limits". Garantien für dieses unhinterfragte Dasein, scheinen die Beherrschung der Natur und die gesicherte staatliche Versorgung, zu sein.
Wir kommen so scheinbar nirgendwo mehr an Grenzen. Und sollten sich solche dennoch auftun, versuchen wir sie mit allen Mitteln zu negieren. Das ist uns allzu lange auch gelungen. Wir versuchten alles zu konsumieren - Nahrung, Unterhaltung, Rechte.
Wir verabsolutierten unser Dasein, wie der Philosoph Karl Jaspers ausführt, wir verloren uns gedankenlos an die Welt.
Vor zwei Jahren ist die Sars-Cov-2-Pandemie über uns hereingebrochen und bedroht seither unser Dasein in all seinen bisherigen Vollzügen. Es schien davor kaum von Grenzsituationen betroffen, zumindest nicht wahrnehmbar.
Und jetzt steht plötzlich dieses selbstvergessene Dasein vor existentiellen Herausforderungen, vor Grenzsituationen, vor Limitationen. Für viele ist das eine neue Erfahrung. Doch Grenzsituationen zu erleben gehört zur Existenz. Grenzsituationen erfahren und existieren ist dasselbe - so Karl Jaspers.
Dasein ist Sein in Situationen, Situationen, die ich vorfinde, aber auch gestalte. Nur insofern der Mensch zu sich selber findet, ist er Existenz. Die Wirklichkeit unserer Existenz ist nicht bloß SOSEIN, sondern SEINKÖNNEN, in Freiheit, mit Vernunft, in Verantwortung.
Freiheit ist nicht ohne Transzendenz, ohne das Umgreifende, wie Jaspers es nennt, zu denken. Sie wird erfahrbar gegen den Widerstand von Grenzsituationen. Selbstbeschränkung, und vor allem Solidarität sind mehr denn je benötigter Dienst an der Gemeinschaft, an der Gesellschaft, an der der Erde, an unserer Welt.
Wir müssen etwas ändern, wir müssen uns ändern, wir müssen existieren lernen, uns den Grenzen unseres Daseins stellen.
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Antonin Dvorak 1841 - 1904
Titel: Trio für Klavier, Violine und Violoncello in e-moll op.90
* Andante moderato - 4.Satz (00:04:47)
Populartitel: Dumky
Ausführende: The Nash Ensemble of London
Ausführender/Ausführende: Ian Brown
Ausführender/Ausführende: Marcia Crayford
Ausführender/Ausführende: Christopher van Kampen
Länge: 04:47 min
Label: Virgin 259405231