Gesundheitsförderung an den Schulen

15. März 2022, 13:00

Die Diskussion um bewegungsarme, übergewichtige Kinder und nicht zuletzt die psychischen und physischen Auswirkungen der Pandemie und des aktuellen Kriegs in der Ukraine ru?cken die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen regelmäßig in den öffentlichen Fokus. Was bisher allerdings fehlt ist der politische Wille, bestehende Erkenntnisse und Lösungen umzusetzen; zum Beispiel jeder Schule eine eigene School Heath Nurse bereit zu stellen.

"School Nurses müssten Teil der Primärversorgung für alle Kinder und Jugendlichen an österreichischen Schulen sein. Das ist allerdings schwierig, weil die Aufgabe der Schulgesundheitsversorgung zurzeit ganz bei den Schulärzt:innen liegt", kommentiert Dr. Lilly Damm die verbesserungswürdige Situation der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen an Schulen. Sie hat selbst als Schulärztin gearbeitet und forscht seit 15 Jahren als Gesundheitswissenschaftlerin am Zentrum für Public Health im AKH speziell im Bereich der Kindergesundheit.

Das Konzept einer Schulgesundheitspflegerin bzw. einem Schulgesundheitspfleger, ist nicht neu und wird in skandinavischen Ländern und England bereits praktiziert: Die School Nurse ist dort zentrale Ansprechperson für Schüler:innen in allen gesundheitlichen Fragen. Wie keine andere Institution bietet die Schule mit der Schulpflicht einen strukturierten Zugang zu Kindern und Jugendlichen; und genau dort besteht die Chance, mit einer fest verankerten Vertrauensperson wie einer School Nurse nachhaltig Gesundheitsförderung zu betreiben.
"Es geht zum Beispiel um die Versorgung eines Kindes mit Diabetes. Eine School Nurse kann das Kind in der Schule so begleiten, dass es einen selbständigen Umgang mit seiner chronischen Erkrankung lernt. Das nimmt nicht nur viel Stress für die betroffenen Kinder, sondern bedeutet auch eine Entlastung der Pädagog:innen und Eltern", erklärt Pflegepädagogin Michaela Bilir. Sie hat Kinderpflegeperson zehn Jahre lang an unterschiedlichen Kinderabteilungen gearbeitet und beschäftigt sich als Ausbilderin seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Schulgesundheitspflege.

Worin liegen die Schlüsselqualifikationen für School Nurses? Wie sieht es mit der Ausbildungssituation in Österreich von Schulgesundheitsschwestern und -Pflegern aus? Gibt es einen Kompetenzkonflikt zwischen dem Einsatz von School Nurses und dem bestehenden System der Schulärzt:innen? Und welche Möglichkeiten ergeben sich über den Einsatz von School Nurses, wenn man den Gesundheitsbegriff erweitert?

"Die Art der Kommunikation von School Nurses mit den Kindern und Jugendlichen ist der Schlüssel. Wie spricht man zum Beispiel über ernsthafte Erkrankungen? Das muss und kann man erlernen", sagt Lilly Damm. "Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Wahrung der Kinderrechte. Für die sensiblen Themen, die zwischen Kindern und dem Gesundheitspersonal an der Schule besprochen werden sollten, ist Vertrauen die wichtigste Basis. Mit diesem Thema stehen wir allerdings in einer blanken Wüste. Kinderrechte werden bislang im Schulgesundheitsbereich viel zu wenig geachtet."

Am 1.April beginnt die Stadt Wien mit einem Pilotprojekt mit vier School Nurses. Michaela Bilir sitzt im Expert:innenbeirat für dieses Projekt. In Punkt eins diskutiert Elisabeth Scharang mit den beiden Gesundheitsexpertinnen über den rechtlichen und praktischen Rahmen für den Einsatz von School Nurses, über die Ausbildung und die gesellschaftliche Relevanz von einer umfassenden Gesundheitsversorgung an österreichischen Schulen.

Rufen Sie uns an und diskutieren Sie mit - unter 0800 22 69 79 oder unter punkteins(at)orf.at

Sendereihe

• Punkt eins