Wirbelsäulenoperation

AP/CTK/RADEK PETRASEK

Medizin und Gesundheit

Die "Schmerzschneiderei" - Wenn die Wirbelsäule unters Messer muss


Jede dritte ärztliche Konsultation erfolgt aufgrund von Rückenschmerzen. Sie gelten als klassische Volkskrankheit und häufigster Grund für Fehlzeiten im Beruf. Der überwiegende Anteil der Wirbelsäulenbeschwerden kann durch konservative Maßnahmen zufriedenstellend behandelt werden. Doch auch die chirurgische Herangehensweise stellt eine weitere, wenngleich nicht unumstrittene Therapiemöglichkeit dar. Denn es werde, so die Kritik, zu viel und zu oft unnötigerweise operiert. Die Ungeduld von Patienten und deren Ärzten sei es, die allzu leichtfertig zu Eingriffen im Rückenbereich führen.
So wird etwa im Großraum München, einem Gebiet mit hoher Dichte an Kernspintomografiegeräten und Wirbelsäulen-Operateuren, überdurchschnittlich häufig chirurgisch vorgegangen. Ein Schelm, wer hier böses denkt.

Zu viel und zu oft unnötig unters Messer?

Der Neurochirurg Helmut Hertz von der Klinik Bad Vigaun, Salzburg, möchte die Wirbelsäulenchirurgie ins rechte Licht rücken und die Betroffenen ermutigen, bei Dauerschmerzen die Flinte nicht vorschnell ins Korn zu werfen. Seiner Ansicht nach wird in Österreich eher zu selten operiert. Denn ein chirurgischer Eingriff könne nicht nur die Schmerzsituation und damit die Lebensqualität verbessern, sondern auch Folgeschäden vermeiden. Schließlich führt ein chronischer Schmerz zu großer körperlicher und psychischer Belastung, Depressionen, sozialen Problemen bzw. auch Missbrauch von Schmerz- und Beruhigungsmitteln. Viele Betroffene können ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen oder vermeiden aufgrund der Schmerzen sportliche Aktivitäten, was wiederum zu Übergewicht und damit auch zu einer Verschlimmerung der Beschwerden an der Wirbelsäule führen kann.

Moderne operative Techniken

Am Beginn der Behandlung von Rückenschmerzen stehen stets physiotherapeutische oder osteopathische Verfahren, Massagen und physikalische Anwendungen. In den meisten Fällen lässt sich dadurch, wenn auch nicht unbedingt völlige Schmerzfreiheit, so doch ein akzeptables Maß an Beschwerden erzielen.
Auch gezielte Infiltrationen unter Röntgen- oder CT-Kontrolle können hilfreich sein. Abnützungen und Arthrosen der Wirbelgelenke, Gleitwirbel, Einengungen des Wirbelkanals, ein Bandscheibenvorfall oder auch Achsenabweichungen lassen sich hingegen gut auf operativem Weg beheben. Auch eine Fehlstellung des Iliosakralgelenkes, also der Verbindung zwischen Wirbelsäule und Becken, getrauen sich manche Operateure mittels Fixierung zu beheben.

Keine Chirurgie ohne Rehabilitation

Die Therapie erfolgt, individuell abgestimmt, durch eine große Operation bis hin zu minimal-invasiven Eingriffen. Tatsächlich sind Wirbelsäulen-OP´s nicht zwangsläufig aufwendige oder gefährliche Eingriffe. So gilt etwa die Kyphoplastie als effiziente Methode, um einen gebrochenen oder porösen schmerzenden Wirbel durch eine kleine Operation wieder zu stabilisieren. Bei einer Stenose lässt sich der Wirbelkanal erweitern und eine vorgefallene Bandscheibe mikroskopisch versorgen.
Für einen guten Operationserfolg braucht es jedoch auch eine entsprechende Nachsorge durch ein Physio- und Ergotherapeuten-Team, aber auch durch die operierte Person selbst, wie Petra Krepler, Leiterin des Wirbelsäulenzentrums des Orthopädischen Spitals Speising, erklärt. Nach der OP beginnt also erst die Arbeit für die Patientinnen und Patienten. Konservative und chirurgische Methoden stellen keinen Gegensatz dar. Man müsse, so Petra Krepler, vielmehr "das Beste aus beiden Welten" heranziehen.

Dr. Ronny Tekal spricht in der aktuellen Ausgabe des Radiodoktors über das Kreuz mit dem Kreuz, sowie die Möglichkeiten der modernen Wirbelsäulenchirurgie. Im Mittelpunkt steht die Frage, welche Beschwerdebilder mit welchem Behandlungsansatz am sichersten und besten versorgt werden können.

Moderation: Dr. Ronny Tekal
Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich und Lydia Sprinzl, MA

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Ist bei Ihnen bereits eine Operation an der Wirbelsäule durchgeführt worden?

Wurden Sie über Alternativen ausreichend aufgeklärt?

Wie lange mussten Sie auf den OP-Termin warten?

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?

Wird Ihrer Meinung nach zu viel an der Wirbelsäule operiert?

Service

Studiogast:

Univ.-Prof.in Dr.in Petra Krepler
Fachärztin für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
Leiterin des Wirbelsäulenzentrums des Orthopädischen Spitals Speising
Speisinger Straße 109
A-1130 Wien
Tel: +43 1 801 82 1240
E-Mail
Homepage

Gast am Telefon:

Dr. Helmut Hiertz
Facharzt für Neurochirurgie, Experte für Wirbelsäulenchirurgie
Medizinisches Zentrum Bad Vigaun
Neurochirurgische Praxis
Salzburger Straße 65
A-4600 Wels
Tel: +43 664 563 64 04
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Die Techniker: Fast jeder fünfte Fehltag rückenbedingt
Österreichische Gesellschaft für Wirbelsäulenchirurgie Austrian Spine Society
Arten der Wirbelsäulenchirurgie (Universitätsklinik für Neurochirurgie, Innsbruck)
Spinalkanalstenose (NDR, 2022)
Zu viele Rücken-OPs? (Deutsche Bertelsmann Stiftung, 2017)
Operationen am Rücken - ja oder nein? (BR, 2019)
Österreichische Ärztegesellschaft für manuelle Medizin
Österreichischen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie
Physio Austria, Bundesverband der PhysiotherapeutInnen Österreichs
Wiener Schule für Osteopathie

Buch-Tipps:

Matthias Manke, "Wenn der Orthopäde Rücken hat: Der etwas andere Ratgeber für Rückenschmerzpatienten und alle, die's nicht werden wollen", ZS Verlag 2021

Roland Liebscher-Bracht, Petra Bracht, "Rücken & Bandscheiben Schmerzen selbst behandeln", GU 2020

Stephan Geisler, Stefan Remmert, "Der Fitnessprofessor - Gesunder Rücken", Edition Michael Fischer 2019

Christoph Schönle, "Schmerzfrei & Aktiv nach der Rücken-OP: Rückenschonende Übungen für Bandscheiben und Wirbelsäule", Trias 2022

Sendereihe