
AP/MATT ROURKE
Gedanken für den Tag
Barbara Maier über Rettende Solidarität
"Grenzerfahrungen in der Corona-Pandemie" von Barbara Maier, Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe der Klinik Ottakring in Wien
19. März 2022, 06:56
Die letzten zwei Jahre waren von einem weltweiten Kampf gegen die Pandemie gezeichnet und haben uns in vielerlei Hinsicht an unsere Grenzen gebracht. Und jetzt noch der Krieg, der russische Überfall auf die Ukraine.
In der Pandemie zeigt sich in meinen Augen die Schwäche unserer gegenwärtigen Gesellschaft, ihr Mangel an Solidarität.
Im Krieg zeigt sich, wie sehr es Menschen, die ihn anzetteln an Humanität, an Menschlichkeit fehlt.
Appelle angesichts der konkreten Situation, der Bedrohung für Menschen, die auch durch eine Impfung keine adäquate Immunabwehr aufbauen können, Appelle angesichts der Folgen für Patient/innen mit anderen Erkrankungen, die nicht operiert, behandelt werden können und zu ihrem Schaden verschoben werden müssen, Appelle, angesichts einer Kultur im Dornröschenschlaf, verhallen ungehört.
Hilfe für Menschen, die angegriffen, um ihr Leben bangen müssen, kommt nur zögerlich ins Rollen.
Selbstbestimmung auf Kosten anderer Menschen ist das die Freiheit, die wir meinen? Das frage ich mich als Ärztin, die mit den Folgen dieses Mangels an Solidarität von Impfunwilligen, ja Impfgegnern Tag für Tag konfrontiert ist. Das frage ich mich aber auch als Mensch, die mit ihrer ukrainischen Oberärztin, deren Angehörige noch in der Ukraine sind, mitfühlt.
Unserer Freiheit sind wir uns bewusst, wenn wir Ansprüche an uns erkennen... sagt Karl Jaspers in seiner Einführung in die Philosophie. Wenn wir versuchen jeglichen Pflichten auszuweichen und nur auf unsere Rechte pochen, können wir nicht erwarten, dass eine Solidargemeinschaft funktionstüchtig bleibt - das gilt von Mensch zu Mensch, das gilt auch in der großen Politik.
Im Verhältnis von Existenz zu Existenz, von Mensch zu Mensch wird uns alles Dasein wie persönlich: in der Liebe, im Ergreifen verantwortungsvoller Aufgaben. Dazu sind wir aufgerufen in der Überzeugung, dass - wie es Hölderlin ausdrückt - wo Gefahr ist, auch das Rettende wächst.
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Georg Philipp Telemann 1681 - 1767
Album: Triosonaten für Blockflöte, Oboe und Basso continuo
* Andante - 3.Satz (00:02:08)
Titel: Sonate für Blockflöte, Oboe und B.c. in c-moll < aus den "Essercizii musici" >
Ausführende: Camerata Köln
Ausführender/Ausführende: Michael Schneider
Ausführender/Ausführende: Hans Peter Westermann
Ausführender/Ausführende: Rainer Zipperling
Ausführender/Ausführende: Harald Hoeren
Länge: 02:00 min
Label: deutsche harmonia mundi GD 77017