Kleiner Wasserfall, Ente im Abflug

AP/MARK BAKER

Gedanken für den Tag

Rainer Bucher über Vertreibung aus dem Paradies

"Wenn nichts bleibt, wie es war - Zur Ambivalenz der Zukunft" von Rainer Bucher, Professor für Pastoraltheologie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Als christlicher Theologe ist man natürlich versucht, die aktuellen Gegenwartszweifel und Zukunftsängste ein wenig schadenfroh zu kommentieren: "Da seht Ihr, wohin Ihr ohne uns kommt, wir haben es immer schon gewusst." Aber das wäre natürlich nicht nur ziemlich unchristlich, sondern angesichts der eigenen historischen Fehler und Verbrechen sogar zynisch.
Die postmoderne Erkenntnis, dass wir nicht die souveränen Herren der Zukunft sind, wie es die Moderne weismachen wollte, war dem Christentum tatsächlich immer geläufig. Freilich aus einem eher zweifelhaften Grund. Es glaubte nämlich mit Hilfe ihres Zugangs zur Gottesmacht und deren gesellschaftlicher Umsetzung über Herrschaftsprozesse, souveräne Herrin der Geschichte, von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu sein.
Die Neuzeit hat das Christentum von diesem Thron der überheblichen Besserwisserei gestoßen. Dafür kann man nur dankbar sein. Dass sich Nachfolgekonstrukte, wie die politischen Religionen des 19. Jahrhunderts, aber auch die Ideologien technologischer und gesellschaftlicher Planbarkeit, dann ihrerseits auf diesen Thron der Besserwisserei gesetzt haben, war freilich auch eher fatal. Nietzsche hätte gesagt: Da wirkte noch zu viel "verdorbene Theologie".
Von der Fiktion, mit Hilfe des Gottesbegriffs alles übersehen, alles beherrschen, alles planen zu können und so alles in der Hand zu haben, hat die Moderne das Christentum, Gott sei Dank, befreit. Immer wieder ist die Moderne dann freilich selber in die Allmachtsfalle geraten - mit schlimmen Folgen.
Anders gesagt: Religion und Theologie haben die Vertreibung aus dem Paradies der Allmachtvorstellungen schon hinter sich - hoffentlich. Wo sie bisweilen noch versuchen, solche Allmachtvorstellungen zu reinszenieren, also die Kontrolle über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu bekommen, entstehen dann die einschlägigen religiösen "dark sides".
Die haben dann mit dem Gott Jesu aber wirklich nichts zu tun.

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Darius Milhaud 1892 - 1974
Album: GIDON KREMER SPIELT FRANZÖSISCHE KOMPONISTEN
Titel: Le Printemps - Stück für Violine und Klavier
Solist/Solistin: Gidon Kremer
Solist/Solistin: Elena Bashkirova
Länge: 03:05 min
Label: Philips 4325132

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