Carl Amery

DPA/MARTIN GERTEN

Gedanken für den Tag

Cornelius Hell über Natur als Politik

"Zorn und Gelächter" - Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Carl Amery
von Cornelius Hell, Literaturkritiker und Übersetzer

"Das Ende der Vorsehung - die gnadenlosen Folgen des Christentums". Dieser Buchtitel von Carl Amery erregte im Jahr 1972 im ganzen deutschen Sprachraum Aufsehen und löste viele Debatten aus. Die christliche Vorstellung, der Mensch sei die Krone die Schöpfung, hielt Carl Amery für gefährlich. Die sakrosankte Einzigartigkeit des Menschen gegenüber einer totalen Profanität der Natur - das waren für ihn "die gnadenlosen Folgen des Christentums".

Carl Amery trat für eine neue, durch Wissen und Demut geläuterte Solidarität mit der Biosphäre, der Lebenswelt ein. In einem Gespräch sagte er mir:
Die Welt erscheint mir von dieser Perspektive aus als wesentlich leichter rational zu bewältigen als von jeder anderen aus. Die Lebenswelt als Ganzes befreit uns meines Erachtens von dieser Einsamkeit, die von der Überwältigung des christlichen Selbstverständnisses durch den Cartesianismus bedingt ist: Hier stehe ich als Krone der Schöpfung, alles andere ist Objekt, und in irgendeiner Form kann ich es benützen oder nicht benützen. Das scheint mir eine sehr ärmliche Art, die Welt zu sehen.

Carl Amery, der Mitbegründer der deutschen Grünen, wollte einen "ökologischen Materialismus" begründen. In seinem Buch "Natur als Politik" formulierte er die berühmte elfte Feuerbachthese von Karl Marx so um: "Bisher hat sich der Materialismus damit begnügt, die Welt zu verändern, jetzt kommt es darauf an, sie zu erhalten." Die ökologische Frage: Welche Zukunft hat das Leben auf der Erde? Wird menschliche Technik und Zivilisation es ausrotten? war zu Carl Amerys Lebensthema geworden.
Das politische Engagement dafür verband sich mit seiner widerständigen Religiosität. Seine Rede von den "gnadenlosen Folgen des Christentums" impliziert ja, dass es auch gnadenvolle gibt, wie er betonte. Oft habe ich von ihm das paradoxe Credo gehört: "Der Mensch kann die Krone der Schöpfung bleiben, wenn er weiß, dass er sie nicht ist."

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Alexandre Desplat
Bearbeiter/Bearbeiterin: Alexandre Desplat (Orchestr.)
Bearbeiter/Bearbeiterin: Jean-Pascal Beintus (Orchestr.)
Bearbeiter/Bearbeiterin: Nicolas Charron (Orchestr.)
Bearbeiter/Bearbeiterin: Sylvain Morizet (Orchestr.)
Gesamttitel: THE DANISH GIRL / Original Filmmusik
Titel: Lost blood
Orchester: London Symphony Orchestra
Leitung: Alexandre Desplat
Solist/Solistin: Dave Arch
Länge: 02:15 min
Label: DG/Universal 4771247

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