Ein Kreuz vor blauem Himmel

AFP/ARIS MESSINIS

Gedanken für den Tag

Jan-Heiner Tück über Aufbegehren und Freiheit

Crux - Über die Anstößigkeit des Kreuzes. Gedanken zur Karwoche
von Jan-Heiner Tück, katholischer Theologe

Nachdem Jesus seinen Jüngern die Füße gewaschen und ihnen das Gebot seiner Liebe hinterlassen hat, geht er hinaus in die Nacht. Petrus, Jakobus und Johannes nimmt er mit. Sie sollen ihn begleiten, um in der Stunde der Krise mit ihm zu wachen und zu beten. So wird es in der Bibel erzählt. Aber die Macht der Müdigkeit übermannt sie, sie dämmern weg, während Jesus in der Dunkelheit allein mit dem Willen Gottes ringt, den er liebevoll "Abba, Vater" nennt. Die schlafenden Jünger - sie sind ein Bild für die Kirche, die schwach und müde ist und immer wieder hinter ihrem Herrn zurückbleibt. Jesus aber fleht darum, "dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe". Mit der Stunde ist seine Passion am Kreuz gemeint, die er beim letzten Abendmahl im Zeichen des gebrochenen Brotes vorweggenommen und als einen Akt der Liebe gedeutet hat.

Seine Bitte um Verschonung zeigt nun, dass im Garten Gethsemane nicht ein längst fertiger Film abgespult wird, der im Archiv der Ewigkeit bereitliegt. Es geht um Geschichten, echte Freiheitsgeschichten - es hätte auch anders kommen können. Was, wenn Jesus gegen den Willen des Vaters aufbegehrt hätte? Wenn er aus Angst vor den Häschern geflohen wäre? Der Philosoph Hans Blumenberg hat diese unmögliche Möglichkeit im Blick gehabt, als er in seinem Buch Matthäuspassion notierte: "Jesus denkt das Undenkbare, und indem er sich dem Willen des Vaters unterwirft, schließt er nicht aus, dass der Kelch von ihm gehen könnte. Ihm dies abzusprechen, weil er doch alles so sicher gewusst habe, hieße, den ganzen Ansturm des Niederfalls vor dem Vater zur bloß erbaulichen Phrase zu machen."

Die Szene aber ist alles andere als erbaulich, sie ist dramatisch, weil Jesus der sündigen Gottesferne radikal ausgesetzt ist: "Meine Seele ist betrübt bis in den Tod." Blumenbergs Lesart, dass Jesus sich gegen den Vater empört habe, geht in meinen Augen eine Spur zu weit. Seine Behauptung, dass "es nicht Jesu Wille ist, der nun an ihm vollstreckt wird", dass es vielmehr zur "Unterwerfung unter den nun fremden Willen" des Vaters gekommen sei, überliest das Entscheidende: die freie Einwilligung, die Jesus in seinem Gebetswort, wie es überliefert ist, klar ausspricht: "Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst". Jesus zum passiven Werkzeug der väterlichen Verfügung zu machen, das hieße, dem Drama der Passion die Spitze abzubrechen. Jesus legt alles freiwillig in die Hände des Vaters, wenn er sagt: "Auf dich vertraue ich, in deine Hände lege ich mein Leben."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach 1685 - 1750
Album: BACH: SÄMTLICHE SONATEN UND PARTITEN FÜR FLÖTE
* 13. Bourree anglaise für Violine ing-moll (00:01:54)
Titel: Partita für Flöte solo in a-moll BWV 1013 / Bearbeitung
Solist/Solistin: Lucy van Dael
Solist/Solistin: Lucy van Dael
Solist/Solistin: Gustav Leonhardt
Solist/Solistin: Anner Bylsma
Solist/Solistin: Frans Brüggen
Länge: 01:54 min
Label: Seon Sony SB2K 60718 (2 CD)

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