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Im Gespräch
Martin Puchner, Anglist und Literaturwissenschaftler
"Rotwelsch, die Sprache der Vagabunden."
Andreas Obrecht im Gespräch mit dem Anglist und Literaturwissenschaftler Martin Puchner
21. April 2022, 21:00
Martin Puchner ist 1969 in Erlangen geboren worden. 1998 promoviert er Literaturwissenschaftler und Anglist an der Harvard University in den USA. In der Bibliothek der renommierten Universität stößt er auf eine Publikation seines Großvaters Karl, in der dieser sich um die Reinheit der deutschen Sprache sorgt und mit antisemitischen Vorurteilen das Rotwelsch diffamiert.
Martin Puchner ist entsetzt über die nationalsozialistische Vergangenheit seines Großvaters, über die in seiner Familie nie gesprochen wurde. Onkel Günther, der Bruder seines Vaters, beschäftigt sich ebenfalls mit Rotwelsch, aber für ihn ist es eine revolutionäre Sprache, eine Sprache der Subversion und des berechtigten Protestes gegen staatliche und sprachliche Rigidität. Onkel Günther legt ein Rotwelsch-Archiv an, dessen sich Martin Puchner - nunmehr Rotwelsch-Forscher in der dritten Generation - bei seinen Recherchen bedient.
Martin Puchner, der heute selbst Professor für Anglistik und Komparatistik an der Harvard University ist, hat seine Erkenntnisse über das Rotwelsch nun in einem spannenden Buch dargelegt: "Die Sprache der Vagabunden: Eine Geschichte des Rotwelsch und das Geheimnis meiner Familie". Es ist eine facettenreiche Kombination aus persönlicher Geschichte und historischer Spurensuche, die Jahrhunderte mitteleuropäischer Geschichte und auch die systematische Verfolgung am Rande der Gesellschaft lebender Menschen sichtbar macht.