Poulenc, Suk, Hartmann

29. Juni 2022, 14:05

Musik gegen Gewalt

Für das letzte Konzert der Saison des Prager RSO hatte Alexander Liebreich die amerikanische Geigerin Leila Josefowicz für Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre in den Dvorak-Saal des Rudolfinums eingeladen. Liebreichs Landsmann hatte sein einziges Solokonzert als Reaktion im Juli 1939 auf die Besetzung der Tschechoslowakei durch das nationalsozialistische Deutschland zu schreiben begonnen: "Diese Zeit deutet den Grundcharakter und Anlass meines Stückes an." Leise erklingt in der "Introduktion" das Symbol des jahrhundertealten Freiheitskampfes der Tschechen, der Hussitenchoral "Die ihr Gottes Streiter seid". Hartmann hatte beabsichtigt, alles niederzuschreiben, "was ich dachte und fühlte, und das ergab Form und Melos." 1940 konnte das Concerto funebre im schweizerischen St. Gallen uraufgeführt werden. Der in München 1905 geborene Hartmann notierte nach dem Ende des 2. Weltkriegs: "Die vier Sätze, Choral - Adagio - Allegro - Choral, gehen pausenlos ineinander über. Der damaligen Aussichtslosigkeit für das Geistige sollte in den beiden Chorälen am Anfang und am Ende ein Ausdruck der Zuversicht entgegengestellt werden." Der zweite Choral basiert auf der Melodie des proletarischen Trauermarsches "Unsterbliche Opfer, ihr sanket dahin", der während der russischen Revolution von 1905 und bei Trauerfeiern der "Oktoberrevolution" allgegenwärtig war.

Wenige Jahre vor seinem Ableben im Alter von 58 im Jahr 1963 hielt formulierte Hartmann sein politisch-künstlerisches Credo: "Die Bedrohung der Kunst wird niemals der Vergangenheit angehören, solange irgendwo die Freiheit bedroht ist. Darum wollen wir wachsam sein, wollen mahnen, vergangener Erniedrigung gedenken, wollen reden, wenn wir irgendwo totalitäre Regungen erkennen."

Der als Zeichen der Solidarität mit dem tschechischen Volk von Hartmann zitierte Hussitenchoral erklingt auch in Smetanas symphonischen Dichtungen Tábor und Blaník. Anspielungen auf ihn erklingen auch in der symphonischen Dichtung "Praha", mit der Josef Suk, der bedeutendste Schüler Antonín Dvoráks, der tschechischen Hauptstadt Tribut zollte.

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger