Betende Frau während Eid al-Adha

AP/K. M. CHAUDARY

Gedanken für den Tag

Dzemal Sibljakovic über Dankbarkeit und Empathie

Zusammenhalt und Gemeinschaft - Gedanken zum islamischen Opferfest, Dzemal Sibljakovic ist Leiter der Sozialabteilung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich und muslimischer Gefängnisseelsorger

Der Tag des Opferfestes ist für viele Menschen ein freier Tag. Nicht so für Gefängnisseelsorger. Wie jedes Jahr bin ich auch letztes Jahr sehr früh in die Justizanstalt Josefstadt gegangen mit einer riesigen Ladung an Geschenken, die ich an die Insass:innen verteile. Leider reicht es nicht um allen Insass:innen im Haus eine Kleinigkeit zukommen zu lassen, deswegen erhalten nur die muslimischen Insass:innen eine kleine Aufmerksamkeit: Eine kleine Süßigkeit, eine Gebetskette und eine Grußkarte, daraus besteht das Geschenkpackerl. In einem Stock treffe ich auf einen Mann, der seit einiger Zeit von seiner Familie getrennt ist und das Geschenk mit beiden Händen und einem unbeschreiblich dankbaren Ausdruck annimmt. "Danke, dass sie an uns denken."

Einen Stock weiter komme ich in die Frauenabteilung. Auch dort besuche ich die Insassinnen und gratuliere ihnen zum Fest, übergebe ihnen das Geschenk und sage ihnen: "Falls sie was brauchen, zögern sie bitte nicht mir zu schreiben." Eine Frau bedankt sich sehr und sagt "Ich mag Süßigkeiten eigentlich gar nicht, aber ich bin so froh, dass ich den anderen Frauen etwas anbieten kann. Was für ein Bajram, was für ein Fest wäre das, wenn wir mit den Menschen um uns herum nichts teilen könnten." Sie dreht sich um und ruft alle ihre Zellennachbarinnen zu sich, muslimisch oder nicht, und gemeinsam genießen sie die Süßigkeiten.

Einen Gang weiter komme ich auf die Mutter-Kind- Abteilung. Hinter mir fällt die schwere Tür zu, die die Abteilungen trennt und am Gang stehen eine Beamtin, eine inhaftierte Frau, und ein kleines Kind, das in Haft geboren wurde und eine gewisse Zeit bei der Mutter bleibt, bevor es das Haus und seine Mutter auf unbestimmte Zeit verlässt. Die Mutter des Kindes hat mich erkannt und in dem Moment ist ihr offenbar bewusst geworden, dass heute das Opferfest ist. Sie bricht in Tränen aus, weil das erste Fest ihres Kindes nicht im Kreise ihrer Liebsten, sondern unter Aufsicht einer Justizwachbeamtin stattfand.

Diese drei Begegnungen haben sich innerhalb einer Stunde ereignet und symbolisieren für mich eindrucksvoll den Alltag im Gefängnis. Leid, Glück, Gemeinschaft und Einsamkeit, all das spielt sich auf engstem Raum ab. Mich hat es Demut gelehrt, aus der Dankbarkeit und Empathie erwachsen sind.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Juan Cedron
Vorlage: Traditional
Vorlage: Argentinien
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Luis Alposta
Album: CANCIONES LUNFARDAS - LIEDER AUS DER RIO DE LA PLATA REGION
Titel: Milonga para amar/instr.
Ausführende: Cuarteto Cedron
Ausführender/Ausführende: Juan Cedron
Ausführender/Ausführende: Facundo Torres
Ausführender/Ausführende: Emilio Cedron
Ausführender/Ausführende: Miguel Praino
Ausführender/Ausführende: Miguel Praino
Ausführender/Ausführende: Roman Cedron
Länge: 03:33 min
Label: Le Chant du Monde 2741285

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