Roger Wolfe Kahn und die teuerste Tanzband der 20er-Jahre

7. Juli 2022, 17:30

Er war talentiert und ambitioniert und hatte durch seinen Vater, den Bankier Otto Kahn auch die finanziellen Mittel, um seine musikalischen Träume zu verwirklichen. Schon als Teenager beherrschte Roger Wolfe Kahn eine Vielzahl von Instrumenten, im zarten Alter von 16 Jahren stellte er seine erste Band zusammen, mit 17 machte er die ersten Aufnahmen für das Label Victor, wo er selbst noch Saxophon spielte. Mit 18 leitete er ein Orchester, das die Crème de la Crème der New Yorker Jazzszene vereinte und auch gut bezahlte, darunter Posaunist Miff Mole, Pianist Arthur Schutt, Geiger Joe Venuti und Gitarrist Eddie Lang, etwas später auch Posaunist Jack Teagarden und Klarinettist Artie Shaw.

Es war eine der besten Tanzbands der 1920er-Jahre und zweifellos die teuerste und wurde daher gern auch "Million Dollar Orchestra" genannt. Mit nicht einmal 20 Jahren war Kahn zudem erfolgreicher Nachtclubbetreiber und Besitzer des luxuriösen New Yorker Etablissements "Le Perroquet de Paris" mit silberner Bühne, verspiegelter Tanzfläche, Aquarien unter den Glastischchen und stolzen 5$ Eintritt. Da spielte 1927 auch sein Orchester regelmäßig von Mitternacht bis halb drei Uhr früh, nachdem die Musiker bereits fünf Stunden lang den Abend im "Hotel Pennsylvania Grill Room" bestritten hatten, was dreimal in der Woche auch vom New Yorker Radio WJZ live übertragen wurde.

Doch Kahn hatte neben der Musik noch eine andere Leidenschaft, die seine Zeit immer mehr beanspruchte, nämlich die Luftfahrt. 4.000 Flugstunden konnte der begeisterte Pilot vorweisen, als er im Jahr 1934 das Musikbusiness endgültig hinter sich ließ und einen Job als Testpilot bei der Kane Carburetor Company annahm. Bis zu seinem Tod am 12. Juli 1962 blieb er der Aeronautik treu. Seine Schallplatten aber bleiben der in Musik gefasste Zeitgeist der Roaring Twenties: ungestüm, aufregend, elegant, verspielt und technisch wie musikalisch visionär.

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Michael Neuhauser