Georg Kreisler

Georg Kreisler - APA/DPA/DANIEL KARMANN

Gedanken für den Tag

Zum 100. Geburtstag von Georg Kreisler

"Alles hat kein Ende" von Friedrich Orter, Journalist und Autor

"Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau - gehen wir Tauben vergiften im Park." Georg Kreisler wollte in seinen späten Jahren nicht mehr, wie er selbst einmal sagte, an dieses "dumme Lied" erinnert werden, wenngleich es kommerziell vermutlich eines seiner erfolgreichsten war.

Diese Parodie des Wiener Gemüts, des angeblichen goldenen Wiener Herzens, das sich im März 38 als Mördergrube offenbarte. Der hinterhältige Sadismus, die grinsende Fratze der schmierig-selbstzufriedenen Gemütlichkeit. Das Böse im Walzertakt, die Heurigenseligkeit als Totentanz. Zeitlos besungen auf seinen wichtigsten Schallplatten Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre, heute auf YouTube jederzeit abrufbar.

Friedrich Holländer, einst Kreislers Schwiegervater, schrieb einmal: "Clown, du hast deine Stellung verloren/ Sieh dich nach einer anderen um/ Zogst die Politik lang genug an den Ohren/ Dummer August, sei nicht länger dumm." Auch Kreisler wollte nicht der dumme August sein. Er wollte als Schriftsteller und Komponist ernst genommen werden. Mit seiner Oper "Der Aufstand der Schmetterlinge" versucht er 2000 noch einmal einen künstlerischen Neuanfang. Den erhofften Erfolg hat er damit nicht.

Er wird wohl immer mit Kabarett-Texten und mit seinen bitterbösen Liedern in Erinnerung bleiben, die ihn - wenn er selbst es auch nicht so sah - als großen Denker ausweisen. Nur ein Beispiel aus seinem Gedichtband "Zwei alte Tanten tanzen Tango": "Gar nichts ist schon längst verklungen/ Und was ich bis jetzt gesungen/ Multiplizier ich mit gar nichts/ Und lösche dadurch alles aus./ Ich hab nichts, verdien nichts und spar nichts/ Und geh dann befriedigt nach Haus/ Dort sitz ich und erleb nichts und erfahr nichts/ Außer natürlich gar nichts." Georg Kreisler, der Taubenvergifter, ein Chronist der Verlogenheit unserer Gesellschaft.

"Schau, die Sonne ist warm und die Lüfte sind lau/Gehn wir Tauben vergiften im Park/ Die Bäume sind grün und der Himmel ist blau/ Gehen wir Tauben vergiften im Park/ Wir sitzen zusamm´ in der Laube/ und ein jeder vergiftet a Taube/ Der Frühling, der dringt bis ins innerste Mark/ Beim Taubenvergiften im Park. Nimm für uns was zum naschen / In der anderen Taschen / Gehn wir Tauben vergiften im Park"

Service

Georg Kreisler, "Alles hat kein Ende", Arco Verlag 2004
Georg Kreisler, "Lola und das Blaue vom Himmel", Edition Memoria 2002
Georg Kreisler, "Letzte Lieder", Arche Literaturverlag 2009
Hans-Juergen Fink und Michael Seufert: "Georg Kreisler gibt es gar nicht", Fischer Verlag 2005
Georg Kreisler, "Doch gefunden hat man mich nicht", Atrium Verlag 2014
Georg Kreisler, "Seltsame Gesänge", dtv-Verlag 1964
Robert Lackner, "Camp Ritchie und seine Österreicher", Böhlau Verlag 2020


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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Georg Kreisler 1922-2011
Album: DIE GEORG KREISLER PLATTE
Titel: Tauben vergiften
Solist/Solistin: Georg Kreisler
Länge: 02:26 min
Label: Preiser 93032

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