Erwin Steinhauer

Nancy Horowitz

55 Jahre Ö1 - 55 Jahre Literatur aus Österreich

Erwin Steinhauer erforscht H. C. Artmanns Welten

"Um zu tauschen Vers für Kuss". Von H. C. Artmann. Mit Erwin Steinhauer. Musik: Joe Pinkl, Georg Graf, Peter Rosmanith (Autorenproduktion im Auftrag des ORF 2021)

Erwin Steinhauer erforscht gemeinsam mit seinen musikalischen Begleitern die phantastischen Welten des H. C. Artmann - in einer turbulenten, poetischen und humorvollen Text-Musik-Collage. "das werk h. c. s . die gesammelte rettung der poesie, die weite der sprache reicht hin in alle moeglichen welten der phantasie. sie schafft sich diese welten und erzählt ihre vielfalt. was freiheit des schreibens, des erfindens, des verzauberns ist, fand ich in seinem werk - dem freundlichsten anarchismus, den man sich vorstellen kann." (zit. Alfred Kolleritsch)

"Ich bin kuppler und zuhälter von worten und biete das bett", lautet eine der seltenen programmatischen Aussagen von Hans Carl Artmann. Der Dichter ist aber nicht der Schlafende, dem im Traum fremdartige Bilder zufliegen, die er dann im Wachzustand in eine Abfolge von ungeheuerlichen Metaphern bringt. Der Dichter ist das Bett selbst, in dem sich die Worte austoben, herumtollen, Purzelbäume schlagen - und freilich auch Liebe machen.

Im Bett des Poeten Artmann- um im Bild zu bleiben - erstreckt sich die ganze Assoziationsbreite der Worte, ja, der Sprache selbst. Freilich ist jenes Statement auch Stilisierung: Artmann der Kuppler, der Zuhälter, der Frauenliebhaber, der Dandy, der Globetrotter, der unzählige Sprachen beherrscht. Schon die legendäre Wiener Gruppe, der Artmann in den 1950er Jahren als spiritus rector angehörte, schätzte die Selbstinszenierung. Der Autor lebte nach dem Motto: Dichtung und Wahrheit sind eins. Als H.C. Artmann 1997 den Georg Büchner-Preis erhielt, wirkte er allerdings enttäuscht: Der Preis käme zu spät, sagte er; er sei jetzt zu alt, um das Geld in Reisen anzulegen, die er noch gerne unternommen hätte. Drei Jahre darauf verstarb der österreichische Dichter - und er bleibt auch posthum eine Ausnahmeerscheinung.

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