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Gedanken für den Tag
Johanna Schwanberg über Edward Hopper
"Bilder der Stille". Anlässlich dessen 140. Geburtstages fragt die Direktorin des Dom Museum Wien nach den Emotionen, die heute durch Hoppers Gemälde ausgelöst werden
27. Juli 2022, 06:56
An diesem Bild kann ich mich nicht sattsehen! Obwohl es etwas darstellt, das mich eigentlich nicht interessiert. Denn es zeigt eine Tankstelle mit drei hintereinander aufgereihten, knallroten Zapfsäulen.
Rechts daneben eine kleine Holzbude, die von innen hell beleuchtet ist ganz im Unterschied zu dem geheimnisvollen Dämmerlicht draußen. Links neben der Straße befindet sich ein dunkelgrüner, unheimlich wirkender Wald. Insgesamt wirkt es so, als befände sich diese Tankstelle am Ende der Welt. Schließlich sind weder Autos noch tankende Menschen zu sehen. Umso mehr wird der Blick auf den elegant gekleideten Tankwart gelenkt, der als einziger Mensch die Szenerie belebt.
"Gas", also Benzin, so der schlichte englische Titel dieses 1940 entstandenen Ölgemäldes von Edward Hopper. Es ist im Besitz des New Yorker MoMA und zählt zu den bedeutendsten Bildschöpfungen des amerikanischen Künstlers. Das Bild übte einen enormen Einfluss auf die Popart, aber auch auf Filmemacher wie Wim Wenders aus, der die Szene in einem Kurzfilm erst unlängst zum Leben erweckt hat.
Gerade jetzt, wo durch den Klimawandel und den Ukrainekrieg immer unübersehbarer wird, wie notwendig die möglichst rasche Abkehr von fossiler Energie ist, bietet sich "Gas" zur Reflexion an. Nicht, dass Edward Hopper sich als Kritiker des Autoverkehrs verstand. Im Gegenteil: Er selbst war ein passionierter Autofahrer, der gemeinsam mit seiner Frau oft Tausende Meilen im Jahr auf der Straße unterwegs war.
Dies ändert aber nichts daran, dass seine Bilder all die Ambivalenz spiegeln, die jeder technische Fortschritt mit sich bringt. Selten hat ein Kunstwerk das Aufeinandertreffen von Natur und Zivilisation, von Mensch und Technik so eindrucksvoll festgehalten wie Edward Hoppers "Gas". Besonders schön an diesem Bild finde ich aber, dass es eines verdeutlicht: Im Leben kommt es selten auf das Was, sondern vor allem auf das Wie an. Edward Hopper drückt in den alltäglichsten Motiven all seine Sehnsüchte, all seine Ängste, all seine Gedanken aus. Es braucht keine großen Erzählungen, um das Dasein spannend zu machen. Oft kann die banalste Situation zu großem Kino werden, wenn ich mich ganz auf sie einlasse und sie mit Leben erfülle.
Service
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Bruce Springsteen
Bearbeiter/Bearbeiterin: Patti Scialfa (Arr. Stimmen)
Gesamttitel: WESTERN STARS / Original Filmmusik
Titel: Moonlight Motel (Film Version)/live
Untertitel: SONGS FROM THE FILM
Solist/Solistin: Bruce Springsteen /Ges.m.Begl.
Länge: 04:03 min
Label: Sony Music/Columbia 886447928479