Kollegah bei einem Auftritt in Berlin.

AFP/AXEL SCHMIDT

Radiokolleg - Sexismus im Pop

Machotum und Widerstand (2)
Gestaltung: Alexandra Augustin, Thomas Mießgang

Wenn man Sexismus in der Rockmusik finden will, braucht man nicht lange zu suchen. Zum Beispiel der Song "Whole Lotta Love" von Led Zeppelin: "I'm gonna give you every inch of my love" heisst es da im Text zum voranpeitschenden Gitarrenriff. Und diverse "Ahs" und "Ohs" unterstreichen, dass Sänger Robert Plant sich in eine Penetrationsphantasie hineinhalluziniert, in der auf jeden Fall er die Oberhand hat. Man hat sich angewöhnt, die aus solchen Blaupausen hervorgegangene Musik "Cock Rock" zu nennen.

Männerphantasien beflügelten jahrzehntelang den lyrischen Gehalt der Texte und die performativen Posen auf der Bühne, wo die E-Gitarre häufig zum prothetischen Phallus wurde. In ihrem Standardwerk "Sex Revolts" aus den 1990er-Jahren führen die Autoren Joy Press und Simon Reynolds diese Attitüde auf ein männlich geprägtes Rebellentum zurück, das einen nomadischen Lebensstil mit Aggressivität und Abenteuerlust paart und gegen ein vermeintlich weibliches Prinzip der Ruhe und Häuslichkeit gerichtet ist.

Doch auch in anderen Genres der Popmusik, im speziellen im Hip Hop, wo gerne halbnackte Frauen submissiv um heteronormativ auftrumpfende Rapper herumtänzeln, ist ein derbe ausgespieltes Machotum Trumpf. So heisst es in einem besonders subtilen deutschen Rap-Text: "Wieso hab ich mich so verliebt/ In eine Frau, die statt zu putzen auf dem Sofa liegt/ In eine Bitch, die nicht kochen kann/Ich verhunger wochenlang."

Erst in jüngerer Zeit gibt es Neues aus dem festgeschriebenen steinzeitlichen Geschlechterverhältnis in Rock und Pop zu vermelden. Mit Ausnahme von Artists der 1970er- und 1980er-Jahre wie den Runaways mit Joan Jett, Suzi Quatro, Patti Smith oder den Slits waren die weiblichen Vorbilder sowohl im Rock/Pop wie auch im alternativen Underground bis in die aktuelle Popzeitrechnung hinein rar gesät. Kurt Cobain von Nirvana ist der erste globale Megastar, der eine krachend harte Musik mit einem stark feminisierten Selbstentwurf kombiniert und auf der Bühne sogar Frauenkleider trägt. Seine beste Freundin war die feministische Künstlerin und Musikerin Kathleen Hanna, die Anfang der 1990er-Jahre die wegweisende Riot Grrrl-Gruppe Bikini Kill gründete. Bei ihren Konzerten fliegen regelmäßig Flaschen und Steine auf die Bühne - geworfen vom größtenteils männlichen Punk-Publikum. Jedes ihrer Konzerte beginnt daraufhin mit dem Aufruf: "Girls to the front!" - Frauen in die erste Reihe! Das gleichnamige Buch von Sara Marcus dokumentiert diese Zeit. Es entstehen Bands wie Sleater-Kinney, L7, Le Tigre, die nachfolgende Generationen bis hin zu Pussy Riot prägen und auch im Mainstream erfolgreich sind.

Die subversive, feministische Kraft ist aktuell vor allem im Rap und Hip Hop spürbar, der um Ecken diverser und queerer daherkommt, als in vorherigen Generationen. Wie offen und progressive ist die Szene heute? Und wie sehr ist sie immer noch an traditionellen Sexismus und stereotype Rollenbilder geknüpft?

Service

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Sendereihe

Gestaltung

  • Alexandra Augustin
  • Thomas Mießgang

Playlist

Komponist/Komponistin: Madonna
Komponist/Komponistin: Leonard
Titel: Like A Prayer
Solist/Solistin: Madonna
Label: Sire Records

Komponist/Komponistin: Kathleen Hanna
Titel: Rebel Girl
Solist/Solistin: Bikini Kill
Label: Kill Rock Stars

Komponist/Komponistin: The Slits
Titel: Typical Girls
Solist/Solistin: The Slits
Label: Island Records

Komponist/Komponistin: Kathleen Hanna
Titel: Double Dare Ya
Solist/Solistin: Bikini Kill
Label: Kill Rock Stars

Komponist/Komponistin: Kurt Cobain
Titel: Rape Me
Ausführende: Nirvana
Label: Geffen Records & Sub Pop

Komponist/Komponistin: Kurt Cobain
Titel: Smells Like Teen Spirit
Ausführende: Nirvana
Label: Geffen Records & Sub Pop

Komponist/Komponistin: Matt Rowe
Komponist/Komponistin: Richard Stannard
Titel: Wannabe
Ausführende: Spice Girls
Label: Virgin Records

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