Notenblätter, Notenständer

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Radiokolleg - Avantgarde-Treffen und Friedensprojekt

100 Jahre Internationale Gesellschaft für Neue Musik (IGNM) (2)
Gestaltung: Philipp Weismann

"Wenn wir in früheren Jahren in unseren Ferien nach Mitteleuropa kamen, um Musik zu hören, so gingen wir nach Bayreuth oder München und sättigten uns mit Wagner oder Mozart. Der neue Geist ist viel abenteuerlicher. Er geht nach Salzburg, nicht um Musik zu hören, die er liebt und kennt, sondern um Musik zu hören, die er nicht kennt, in der Hoffnung, dass etwas davon wert sein möchte, geliebt zu werden. Ein bewundernswerter Geist, in der Tat!"
Dies schrieb einer der einflussreichsten Musikkritiker Großbritanniens, Ernst Newman, im Jahr 1923. Ein Jahr zuvor wurde in Salzburg ein visionäres Projekt gegründet, das mit den "Internationalen Kammermusikaufführungen" während der Festspiele 1922 seinen Anfang nahm. Ausschließlich zeitgenössische Werke standen in diesen Augusttagen im großen Saal des Mozarteums auf dem Programm, von Komponisten aus 15 Nationen. Es war die erste internationale kulturelle Veranstaltung seit dem Ersten Weltkrieg, angeregt und organisiert von einem kleinen Kreis Wiener Musiker, allen voran den Komponisten Rudolf Réti und Egon Wellesz.

Beflügelt vom Erfolg dieser Unternehmung kam es am 11. August 1922 im Café Bazar zur Gründung der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik. Anwesend waren unter anderem die Komponisten Paul Hindemith, Béla Bartok, Anton Webern, Darius Milhaud, und, als einzige Frau, die Britin Ethel Smyth. Mit der IGNM sollte zeitgenössisches Musikschaffen gefördert werden, "ohne Rücksicht auf ästhetische Anschauungen, Nationalität, Rasse, Religion oder politische Einstellungen", wie es in den bis heute gültigen Statuten heißt. Es bildeten sich Ländersektionen und ein Dachverband in London. 1923 fand in Salzburg das erste Musikfest der IGNM statt. Seitdem werden die Treffen (heute: Weltmusiktage) jährlich in einem anderen Mitgliedsland veranstaltet.

Der Schweizer Musikwissenschafter Anton Haefeli sieht einen gewissen Bedeutungsverlust der IGNM nach dem Zweiten Weltkrieg (in der NS-Zeit war die Organisation in den besetzten Ländern verboten) - so habe die IGNM ihre Rolle als musikalischer Impulsgeber verloren und Entwicklungen wie den Aufstieg der seriellen Musik in den 1950er-Jahren außer Acht gelassen. Nachhaltige Ereignisse gab es in der späteren IGNM-Geschichte jedoch einige, mit Uraufführungen von Werken, die heute als Klassiker der Neuen Musik gelten - etwa Karl-Heinz Stockhausens "Kontakte" und Pierre Boulez' "Pli selon Pli" beim Musikfest 1960 in Köln, oder Friedrich Cerhas epochaler Orchesterzyklus "Spiegel I-VII" in Graz 1972.

Im Jahr 2022, ist die Organisation (englisch: International Society for Contemporary Music) in über 40 Ländern vertreten. Die ISCM World New Music Days 2022 finden Ende August in Neuseeland statt. Eine Premiere gibt es 2023, wenn das Festival erstmals auf dem afrikanischen Kontinent zu Gast ist, im südafrikanischen Johannesburg. Seit 2019 amtiert mit der Neuseeländerin Glenda Keam die erste Frau als ISCM-Präsidentin.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Radiokolleg - XML
Radiokolleg - iTunes

ISCM - International Society for Contemporary Music
IGNM - Internationale Gesellschaft für Neue Musik: Sektion Österreich

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Bela Bartok
Titel: Sonate für Violine und Klavier Nr.2 Sz 76
* Molto moderato - 1.Satz (00:08:49)
Violinsonate
Solist/Solistin: Gidon Kremer /Violine
Solist/Solistin: Oleg Maisenberg /Klavier
Länge: 08:50 min
Label: Teldec 0630135972

Komponist/Komponistin: Egon Wellesz
Album: EGON WELLESZ: STREICHQUARTETTE / Artis Quartett Wien
* Allmählich in ein rasches Zeitmaß übergehen - 4.Satz (00:04:19)
Titel: Quartett für Streicher Nr.4 , op.28
Streichquartett
Ausführende: Artis Quartett Wien
Ausführender/Ausführende: Peter Schuhmayer /Violine
Ausführender/Ausführende: Johannes Meissl /Violine
Ausführender/Ausführende: Herbert Kefer /Viola
Ausführender/Ausführende: Othmar Müller /Violoncello
Länge: 04:18 min
Label: Nimbus NI 5821

Komponist/Komponistin: Anton Webern
Album: ANTON WEBERN: GESAMTE STREICHTRIOS UND STREICHQUARTETTE
* Heftig bewegt - 1.Satz (00:02:16)
Titel: Fünf Sätze für Streichquartett op.5
Ausführende: Arditti String Quartet
Ausführender/Ausführende: Irvine Arditti /Violine
Ausführender/Ausführende: David Alberman /Violine
Ausführender/Ausführende: Levine Andrade /Viola
Ausführender/Ausführende: Rohan de Saram /Violoncello
Länge: 02:21 min
Label: Montaigne 789008 < Ard.Qu. Ed. 8 >

Komponist/Komponistin: Friedrich Cerha
Album: FESTSPIEL DOKUMENTE: FRIEDRICH CERHA - KOMPONISTENPORTRAIT SALZBURGER FESTSPIELE
Titel: Spiegel VI (Track 6) (00:06:10)
Gesamttitel: Spiegel I-VII - für großes Orchester und Tonband / Teil VI-VII (ACHTUNG TRACKNUMMERN sind : 6, 7!! )
Orchester: Radio Symphonieorchester Wien
Leitung: Friedrich Cerha
Länge: 06:21 min
Label: col legno WWE20006 (2CD)

Komponist/Komponistin: Elisabeth Harnik
Album: ORF EDITION ZEITTON: ELISABETH HARNIK
Titel: Noisy Pearl/s - für Cembalo
Solist/Solistin: Sonja Leipold /Cembalo
Länge: 06:33 min
Label: ORF Ö1 CD3225

weiteren Inhalt einblenden