Brigitte Schwens-Harrant

ORF/JOHANNES PUCH

Gedanken für den Tag

Sylvia Plath

Brigitte Schwens-Harrant, Literaturkritikerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", beleuchtet Leben und Schreiben der vor 90 Jahren, am 27. Oktober 1932, in Massachusetts geborenen Lyrikerin Sylvia Plath

Als ihr Vater starb, war Sylvia Plath acht Jahre alt: Die Auseinandersetzung mit der Figur des Vaters durchzieht ihr poetisches Werk, das man daher, wenn man mag, auch biografisch lesen kann. Doch geht es immer auch um mehr, thematisiert wird das Schreiben selbst und die Gesellschaft und Machtstrukturen - in denen Männer immer über Frauen standen.

In ihrem einzigen Roman "Die Glasglocke" meint die Mutter der Hauptfigur, Esther solle doch Stenografie lernen. Das würde zur Rolle der Frau passen, allein: "Das Problem war, ich hasste die Vorstellung, Männern irgendwie dienstbar zu sein. Ich wollte selbst aufregende Briefe diktieren." Worte, geschrieben in den frühen 1960er Jahren.

Sexuelle Freiheiten gibt es, so die Erfahrung des jungen Mädchens, vor allem für den Mann, die verbreiteten Ratschläge verachten die Gefühle der Mädchen. Drastische Worte verwendet Plath in "Die Glasglocke", wenn es heißt: "Mir fiel auch ein, wie Buddy Willard einmal in düster wissendem Ton gesagt hatte, wenn ich erst Kinder hätte, würde ich anders denken, dann würd ich keine Gedichte mehr schreiben wollen. Deshalb überlegte ich mir, dass es vielleicht wahr sei, dass Heiraten und Kinderkriegen wie eine Gehirnwäsche war und dass man nachher nur noch benebelt herumlief, wie ein Sklave in einem totalitären Privatstaat."

Nach ihrem Suizid im Februar 1963 wurde Sylvia Plath wegen Texten wie diesem zur Ikone der Frauenliteratur. Sie selbst versuchte beides zu leben: Familie und Literatur. Sie hatte sehr früh zu schreiben begonnen, verliebte sich in Ted Hughes, einen renommierten Lyriker, und heiratete ihn - und erlebte mit zwei Kindern die Trennung von ihrem Mann.

Ihre frühen Sehnsüchte spürt man in Texten wie dem "Gedicht für einen Geburtstag". Der letzte Teil beginnt mit einer Zeile, die ins Herz geht: "Dies ist die Stadt, in der Menschen geflickt werden."

Service

Sylvia Plath, "Die Glasglocke", Suhrkamp 2013
Sylvia Plath, "Der Koloss", Suhrkamp 2013


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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Zbigniew Preisner
Gesamttitel: When A Man Loves A Woman /Original Filmmusik
Titel: Homecoming /a.d.Film "When A Man Loves A Woman"
Orchester: The Sinfonia Varsovia
Leitung: Wojciech Michniewski
Länge: 02:23 min
Label: Intercord INT845217

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