Die Freiheit lebt zwischen den Ohren

14. Oktober 2022, 17:30

Willi Carlisle weiß genau, warum er sich optisch gern ein bisschen als schäbiger Cowboy gibt, wenn er mit Gitarre und Banjo vor sein Publikum tritt. Es nährt ihn mit der Kraft der Tradition und erzeugt genau jene Nestwärme, die er benötigt, um seine gar nicht traditionellen Botschaften und Gedanken niederschwellig unters Volk zu bringen.

Das hat er als ehemaliger Punkmusiker gelernt und als einer, der im konservativen mittleren Westen aufwuchs und als Jugendlicher gezwungen war, mit seiner stets gut versteckten Bisexualität zu ringen. Beim Cowboy geht es schließlich um Freiheit, und die wird in den USA bekanntlich großgeschrieben, aber oft nur klein gehandelt.

"Freedom lives between your ears" hat Politaktivist, Sänger und Poet Utah Phillips, eines von Willi Carlisles Vorbildern, gemeint. Und so ist Willi Carlisle in seinen hochpoetischen Songs schonungslos und intim, wenn er mit Akkordeonbegleitung die Ungerechtigkeiten gegenüber der Latino-Bevölkerung bei der Privatisierung der Wasserressourcen im Süden der USA besingt, in rasanten "Gstanzln" der alten Squaredances Kritik an kapitalistischer Ausbeutung und Umweltzerstörung unterbringt oder ironisch die Freiheit des Lebens im Van besingt, und dabei gar nicht erst explizit erwähnen muss, dass sich viele Menschen in den USA gar keinen festen Wohnsitz in der Nähe ihrer Arbeit leisten können.

"Your Heart's A Big Tent" heißt das Eröffnungsstück seines heuer erschienenen Albums "Peculiar, Missouri": "Dein Herz ist ein großes Zelt. Da musst Du jeden reinlassen, egal wer es ist. Jeder hat dort einen Platz."

Sendereihe

• Spielräume

Gestaltung

• Michael Neuhauser