Radiogeschichten Spezial

Der Ö1 Essay von Emilio Lussu

Der Ö1-Essay
Emilio Lussu: "Marsch auf Rom und Umgebung", Ein Bericht, Folio Verlag (Übersetzung: Claus Gatterer)
Es liest Roman Blumenschein

Für den sardischen Juristen und Offizier Emilio Lussu war der Erste Weltkrieg nicht nur geprägt von seinem Fronteinsatz, sondern auch eine Zeit der Nationalisierung und Solidarisierung - er gründete mit Gleichgesinnten 1921 die Sardische Aktionspartei und wurde bereits beim ersten Antreten ins Parlament gewählt. Aber nicht das Eintreten für die sardische Autonomie und eine Agrarreform stand von Beginn an im Mittelpunkt seiner politischen Arbeit, sondern die Auseinandersetzungen mit den Faschisten. So wurden denn der 1932 im Exil verfasste "Marsch auf Rom und Umgebung" zu seiner bekanntesten Publikation, die nun in einer Neuausgabe auf Deutsch vorliegt.

Das Buch bezieht seine Kraft aus Lussus Augenzeugenschaft. Dabei hat der Autor zwei Blickwinkel: einerseits den des Parlamentsabgeordneten im Machtzentrum Rom, andererseits denjenigen des Provinzpolitikers auf Sardinien, wo man nicht von Italien, sondern vom "Kontinent" spricht und wo der Faschismus keine autochthone Bewegung war, sondern erst mit Gewalt durchgesetzt werden musste. Lussu schildert detailreich den Opportunismus seiner Landleute - einer nach dem anderen läuft zu den Schwarzhemden über. Die wenigsten tun dies aus ideologischen Gründen, sondern aus Orientierungslosigkeit oder Karrierismus. Die Faschisten verschaffen den ehemaligen Soldaten ein Einkommen.
Lussu zeigt auf, wie wenig notwendig gewesen wäre, sich dieser marodierenden "Bewegung" entgegenzustellen. Die Faschisten hatten, gerade auf Sardinien, Anfang der zwanziger Jahre in der Bevölkerung wenig Rückhalt. Er macht auch klar, dass Polizei und Militär dem faschistischen Treiben widerstandslos zusahen, und er macht klar, dass Vittorio Emanuele die Diktatur hätte verhindern können.

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Gestaltung

  • Peter Zimmermann

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