Übergroßer WM-Fußball, Frau macht ein Foto mit dem Smartphone

AP/JIANG QIMING

Punkt eins

Katar 2022: Haltung zeigen!?

Boykott, Protest, Scheinheiligkeit: Wie umgehen mit der WM? Gäste: Jakob Rosenberg, Politikwissenschafter, Chefredakteur des Fußballmagazins "ballesterer" & Dr. Hanna Stepanik, Projektreferentin bei fairplay - Initiative für Vielfalt und Antidiskriminierung im Sport - im Bereich Sport, Entwicklung und Menschenrechte. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79. E-Mails an punkteins(at)orf.at

Eine "WM der Schande", ein "Sündenfall der Sportgeschichte" - ob Fußball-Fan oder nicht: in den Tagen vor dem Anpfiff der Fußball-WM in Katar am Sonntag scheint mehr denn je Haltung gefragt. Werden Sie die WM verfolgen oder boykottieren? Wie werden die Teams gegen Menschenrechtsverletzungen Stellung nehmen? Sind kritische Transparente und Textilien bloße Entlastungsgesten?

In der öffentlichen Debatte, am Stammtisch, in Diskussionsforen oder Familien droht ein Ereignis zu spalten, das früher als gemeinsames Erlebnis für Verbundenheit gesorgt hat. Wirte wollen auf eine Ausstrahlung verzichten, Faninitiativen organisieren den Boykott mit Alternativprogrammen. Was macht einen guten Fan aus? Welche Verantwortung hat der Fußball? Haben wir lange nicht wahrhaben wollen, was aus dem Fußball geworden ist? Oder ist mit der Vergabe an Katar eine "rote Linie" überschritten worden?

"Es ist eine Wahl, vor der die Fans nicht stehen sollten. Die Diskussion um den persönlichen Boykott macht das Elend des Systems Fußball zu einer individuellen Entscheidung", schreibt Nicole Selmer im Leitartikel der aktuellen Ausgabe des Fußballmagazins ballesterer, in dem auf über 100 Seiten die umstrittene Weltmeisterschaft analysiert wird.

"Solange sich die Debatte über die Fußball-WM in Katar nur um das Für und Wider eines Boykotts dreht, wird sie nicht vorankommen", bedauert Jakob Rosenberg, der Chefredakteur des ballesterer in einem Kommentar. Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Todesopfer auf den WM-Baustellen, die Debatte um einen Entschädigungsfonds, große Mängel in Sachen Nachhaltigkeit, Kommerzialisierung und dazu ein Land, das ein Sportgroßereignis nutzt, um Werbung in eigener Sache zu machen (Sportwashing genannt) - das alles ist nicht neu und bereits die Entscheidung der FIFA, die WM nach Katar zu vergeben, hat polarisiert. Mittlerweile meinen viele, die Vergabe sei ein Fehler gewesen. Doch was folgt daraus für die FIFA, für den Fußball an sich und was sollten die Konsequenzen sein?

Wird in der Debatte ignoriert, dass sich mit der ersten WM im arabischen Raum eine Öffnung und zahlreiche Chancen ergeben, dass sich in Sachen Arbeitsrecht und Sozialstandards in Katar etwas zum Positiven bewegen könnte, dass die andere Seite des Sportwashing jene ist, dass Protesten und der Zivilgesellschaft eine Bühne gegeben wird? Und dass es in den europäischen Ländern selten so großes Interesse an den Arbeitsbedingungen und Rechten von Arbeitsmigrant:innen gab wie in diesem Fall?

Ein Problem des Sports generell ist der Mythos des Unpolitischen, meint Hanna Stepanik, Projektreferentin bei fairplay, einer Initiative für Vielfalt und Antidiskriminierung im Sport am Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) und dort auf die Themen nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte spezialisiert. Gerade Sportgroßereignisse sind weltpolitisch von hoher Relevanz und Katar ist dafür ein bemerkenswertes Beispiel.

Wie also umgehen mit der WM in Katar? Hanna Stepanik und Jakob Rosenberg sind Gäste bei Barbara Zeithammer und Sie sind wie immer herzlich eingeladen, sich an der Debatte zu beteiligen: unter 0800 22 69 79 oder schriftlich per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Fußballmagazin ballesterer

175, November/Dezember 2022: Katar 2022. Die umstrittenste WM.

Fairplay - Initiative für Vielfalt und Antidiskriminierung

Hörtipp:
Hörbilder, Samstag, 19.11.: WM Katar - ein Fußballfan wird kritisch

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Untertitel: Eric-Maria Couturier
Titel: Justice
Ausführende: Jean-Philippe Viret, Sébastien Surel, David Gaillard & Eric-Maria Couturier
Länge: 06:05 min
Label: Mélisse Music

Untertitel: Eric-Maria Couturier
Titel: Esthétique ou pathétique
Ausführende: Jean-Philippe Viret, Sébastien Surel, David Gaillard & Eric-Maria Couturier
Länge: 03:39 min
Label: Mélisse Music

Untertitel: Eric-Maria Couturier
Titel: Le rêve usurpé
Ausführende: Jean-Philippe Viret, Sébastien Surel, David Gaillard & Eric-Maria Couturier
Länge: 06:54 min
Label: Mélisse Music

weiteren Inhalt einblenden