César Franck an der Orgel von Ste-Clotilde, Zeichnung von Jeanne Rongier

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Gedanken für den Tag

César Franck

Der Dirigent und Autor Martin Sieghart über den "bescheidenen Meister" zu dessen 200. Geburtstags

1822, zwei Jahre vor Anton Bruckner, elf vor Johannes Brahms, wurde Franck geboren. Wer war er im Vergleich zu den eben Genannten? Franck als einen Giganten zu bezeichnen, ist, glaube ich, nicht richtig. Bei Brahms genügen mir wenige Takte, um nicht mehr weghören zu können, Bruckner, mein geliebter Meister aus Ansfelden, nervt mich manchmal entsetzlich. Ich schließe, den Kopf schüttelnd, seine Partituren, aber nur, um sie nach kurzer Zeit demütig wieder zu öffnen. Weil ich mich ohne sie irgendwie verloren fühle.

César Franck aber ist für mich wie ein Wesen, das sich von weit her auf einem endlos geraden Weg nähert. Es dauert, bis man ein wenig von ihm erkennt. Und dann kommt es endlich zur Begegnung, zur höflichen Begrüßung dieses unbekannten Menschen. Man lässt sich auf ein Gespräch ein, und ich entdecke, dass er mir vertrauter wird, dass ich länger bei ihm stehen bleiben möchte, um mehr von ihm zu erfahren.

So geht es mir mit César Franck. Und seine Musik, von der ich immer noch mehr wissen möchte. Schlimm genug, das zugeben zu müssen, nach so vielen Jahren Leben in der Welt der Kunst. Franz Liszt hat ihn geschätzt, sich für ihn eingesetzt, als er noch kein berühmter Komponist gewesen ist.

Vollkommen offen und ehrlich wird er beschrieben, zum Intrigieren unbegabt, liest man. Und: (ich zitiere) "Dennoch hat er es geschafft, den Lehrstuhl für Orgel und Improvisation am weltberühmten Conservatoire de Paris zu bekommen." Das war im Jahr 1872. Vor 150 Jahren also. Und es soll nicht allen Kollegen leicht gefallen sein, ihm zu gratulieren. Ihn als Lehrer zu bewundern schon gar nicht.

Aber bei seinen Schülern war er beliebt, der begnadete Lehrer. Die "Bande à Franck" nannten sich seine Studierenden. Dass es ausschließlich junge Männer gewesen sind, sei nicht verschwiegen. Und wie es um seine Nationalität bestellt war, werde ich morgen erzählen.

Service

Martin Sieghart, "Übergänge. Ein Musikerleben in 50 Kapiteln", Hollitzer 2021

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Cesar Franck 1822 - 1890
Album: OFRA HARNOY: ROMANTISCHE CELLOSONATEN
* Allegro poco mosso - 4.Satz (00:06:00)
Titel: Sonate für Violoncello und Klavier in A-Dur
Cellosonate
Solist/Solistin: Ofra Harnoy
Solist/Solistin: Cyprien Katsaris
Länge: 06:00 min
Label: RCA Victor 09026618182

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