Betrifft: Geschichte
Vom Verwahren zur Integration
Zur Geschichte der Psychiatrie
mit: Monika Ankele, Medizinhistorisches Museum Hamburg,
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Universitätsklinikum Hamburg - Eppendorf
15. Dezember 2022, 17:55
Die Geschichte der Psychiatrie als medizinischer Disziplin ist relativ jung. Im 18. Jahrhundert begann man, die "Irren" nicht mehr als vom Bösen Besessene zu betrachten, sondern als Kranke, die Fürsorge und medizinischer Behandlung bedürfen - und damit eigener Bauten. In der Architektur spiegelt sich die gesellschaftliche Haltung gegenüber psychisch Erkrankten wider. Der von Kaiser Josef II. 1784 errichtete "Narrenturm" war die erste psychiatrische Anstalt Kontinentaleuropas, glich jedoch einem Gefängnis zur Verwahrung von "Insassen". Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstanden an den Rändern großer Städte psychiatrische Krankenhäuser, etwa 1907 die Nervenheilanstalt "am Steinhof". In dieser Zeit entwickelte sich in Österreich die Psychiatrie als wissenschaftliche Disziplin und brachte bedeutende Innovationen hervor. Auf diese Hochblüte folgte mit dem Nationalsozialismus das dunkelste Kapitel. Psychisch erkrankte und behinderte Menschen wurden infolge der sogenannten "Euthanasie" ermordet.
Diese Zeit sollte in der Psychiatrie noch lange negativ nachwirken. Was die Behandlung betrifft, waren Elektroschocks, Insulinschocks und absichtlich ausgelöste Malaria noch bis in die 1950er-Jahre verbreitet. Dann brachten Psychopharmaka und später auch die begleitende Psychotherapie für die Patienten große Erleichterungen.
Ein grundlegender Wandel in der Psychiatrie setzte in Italien bereits in den 1960er-Jahren ein, in Österreich erst in den 80ern. Die Reformen setzten auf individuellere, dezentralisierte und ambulante Versorgungsstrategien. Die Integration psychisch Erkrankter sollte deren Ausgrenzung ablösen, Freiwilligkeit den Zwang.
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