Gandhi und Islam

2. Februar 2023, 06:56

Mit dem Namen Gandhi benannte in meiner Kindheit unser Hausarzt meine schmächtige Statur. Später - als 1982 der Film "Gandhi" in den Kinos lief - war ich in der Friedensbewegung engagiert und interessierte mich für Gandhis aktive Gewaltfreiheit.

Wichtig wurde mir der indische Freiheitskämpfer aber nach den Terroranschlägen von 9/11. Ich erforschte schon über ein Jahrzehnt das Verhältnis von Gewalt und Religion. Diese Terroranschläge machten mich dennoch sprachlos. Hatten diese mit einem angeblich wesentlich zur Gewalt neigenden Islam zu tun oder waren ökonomische, politische oder kulturelle Gründe ausschlaggebend?

Ich suchte bei Gandhi Rat, der ja von indischen Muslimen als Anwalt nach Südafrika gerufen wurde und sowohl dort als auch in Indien immer wieder mit Muslimen zusammenarbeitete, um gegen Diskriminierung und koloniale Unterdrückung zu kämpfen. In seinen Stellungnahmen zum Islam beschreibt er diese Religion als grundsätzlich friedlich, die aber so wie andere Religionen nicht vor Missbrauch und vor verfälschenden Instrumentalisierungen gefeit sei. Als 1926 ein indischer Muslim einen Hindu erschoss, erklärte Gandhi, dass dieser Mord nicht dem Islam, sondern einer pseudoreligiösen Propaganda zuzuschreiben sei. Er schrieb:

"Auch der Islam ist eine Religion des Friedens. Ich betrachte den Islam als eine Religion des Friedens in demselben Sinn wie das Christentum, den Buddhismus und den Hinduismus. Kein Zweifel, es gibt dabei graduelle Unterschiede, aber das Ziel dieser Religionen ist Frieden. Ich kenne die Textstellen, die man aus dem Koran für das Gegenteil zitieren kann. Aber genauso ist es möglich, Textstellen aus den Veden für das Gegenteil zu zitieren."

Solche Aussagen können, in meinen Augen, Orientierung geben und eine Ermutigung sein, in unserem Land geschwisterlich zusammenzuleben, unabhängig von Herkunft oder Religion.

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• Alexandra Mantler