Vera Ferra-Mikura, 1983

Vera Ferra-Mikura - PICTUREDESK.COM/BRANDSTAETTER IMAGES/VOTAVA

Gedanken für den Tag

Vera Ferra-Mikura und der Zauberer

Christian Teissl, Schriftsteller, zum 100. Geburtstag von Vera Ferra-Mikura

Was, wenn es eines Morgens nicht Tag wird? Was, wenn die Sonne nicht aufgeht, der Himmel nicht hell wird, die Uhrzeiger stillstehen, die Kalenderblätter kein neues Datum anzeigen, sondern leer bleiben, blank und weiß wie ein unbeschriebenes Blatt? Was, wenn es plötzlich kein Heute mehr gibt, wenn wir im Schlaf aus der Zeit fallen und in einem Niemandsland zwischen Gestern und Morgen erwachen?

Eine solch groteske Situation, in der alle Logik außer Kraft gesetzt und die Welt aus den Fugen ist, gestaltet die österreichische Dichterin Vera Ferra-Mikura in ihrer Erzählung "Der Zaubermeister Opequeh". 1956 erschienen, markiert sie einen Wendepunkt in der langen Laufbahn der Autorin. Für Kinder und Jugendliche hatte sie schon vorher geschrieben, erst mit diesem Buch aber hat sie ihren eigenen Ton gefunden, eine Erzählweise von schwebender Leichtigkeit, eine Sprache, ebenso schlicht wie erfindungsreich, ebenso kindgerecht wie doppelbödig poetisch.

"Mit dem Zaubermeister", bekannte Vera Ferra-Mikura in einer Selbstauskunft, "fand ich neuen Boden, den zu beschreiten mehr Spaß machte als die vorhergehende Wanderung auf eher markierten Wegen." Neuer Boden abseits der markierten Wege ist es aber auch, den die beiden Protagonisten dieser Erzählung, die Geschwister Toni und Käthi, betreten. Denn während die Erwachsenen im Schlaf verharren - nach der Devise "Heute ist kein Tag, also bleiben wir im Bett!" -, beschließen die Kinder, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen und dorthin aufzubrechen, wo es Tag sein könnte. Gemeinsam mit dem sprechenden Pferd Augustin machen sie sich auf die Reise ins Unbekannte, das hinter dem Horizont liegt, und begeben sich auf die Suche nach der verborgenen Sonne.

In der Neugier der Kinder, ihrer Wachheit und ihrer Weigerung, sich mit den Gegebenheiten abzufinden, liegt eine Hoffnung, auch und gerade für unsere Zeit.

Service

6 Stanislaus-Bände, Verlag Jungbrunnen
"Lustig singt die Regentonne", Verlag Jungbrunnen
"Die Sackgasse", Milena-Verlag
"1, 2, 3, dann reite ich durch den ganzen Himmel", Bibliothek der Provinz
"Panoptikum", Bibliothek der Provinz
"Ausgewählte Gedichte", Podium

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Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: Viktor Korda
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Vera Ferra-Mikura 1923-1997
Album: Enrico! (Heinz Zuber)
Titel: Eis
Gesamttitel: Heinz Zuber singt Kinderlieder (1988)
Solist/Solistin: Enrico = Heinz Zuber
Länge: 01:15 min
Label: Cracked Anegg Records chicks005 (2 CD)

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