Laute und stille Proteste am Land

20. Februar 2023, 13:00

"Aufsässiges Land - Streik, Protest und Eigensinn" heißt die am 18. Februar im Museum Niederösterreich eröffnete Sonderausstellung, die - so das Team rund um Dr. Christian Rapp, wissenschaftlicher Leiter im Haus der Geschichte des Museums - einer Geschichtsschreibung entgegenwirken will, "die den ländlichen Raum als politisch passiv und von Entscheidungen in den Machtzentren abhängig betrachtet."

In 16 Kapiteln werden historisch bekannte und weniger bekannte gesellschaftliche Unmuts-Äußerungen aus Niederösterreich und anderswo dargestellt: allen voran das Wirken des schlesischen "Bauernbefreiers" Hans Kudlich, der es auf den Weg brachte, der Untertänigkeit der Bauern im Revolutionsjahr 1848 ein Ende zu setzen.

Die Schau erinnert an langanhaltende Streiks und Aussperrungen in der Industriestadt Neunkirchen anno 1896 und auch an den Streik wegen gestrichener Lohn-Zulagen bei den Reifenwicklern im Semperit-Werk Traiskirchen 1977.

Neben solchen lautstarken und weithin ausstrahlenden Aufwallungen gab es stille, individuelle Proteste, wie ihn Teile der Dienstbotenschaft im 19. Jahrhundert ausübten. Auf permanenten Kontrolldruck und die häufig ungeregelte, harte Arbeitsbelastung reagierten Dienstmädchen und -männer gern mit "Entweichungen", hat Jessica Richter vom Institut für die Geschichte des ländlichen Raums herausgearbeitet: Sie verschwinden, ohne zu kündigen, kommen zu spät zum Dienst oder lassen aus dem Haushalt der Herrschaft etwas mitgehen.

Natürlich dürfen auch die Demonstrationen gegen den Kraftwerksbau in Hainburg nicht fehlen, wobei die Ausstellung den Fokus auf die lokalen Akteure des Widerstands lenkt, welche die Aubesetzung erst ermöglicht hätten, wie es im Ausstellungstext heißt.

Wie passiv ist sie also, die ländliche Bevölkerung? Was muss passieren, dass sich am Land Unruhe regt, Menschen sich zusammentun, um Widerstand zu leiten? Gemeinsam oder jeder und jede für sich? Und welche Gültigkeit hat der Eindruck vieler Menschen am Land, dass ohnehin immer über ihre Köpfe hinweg entschieden wird - nämlich in der Stadt?

Alexander Musik spricht mit seinen Gästen Dr. Christian Rapp, wissenschaftlicher Leiter im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich und Jessica Richter, Projektleiterin im Institut für Geschichte des ländlichen Raums, St. Pölten und wie immer sind Sie eingeladen, sich an der Sendung zu beteiligen. Kostenlos aus ganz Österreich können Sie uns unter 0800 22 69 79 erreichen; oder Sie schreiben uns ein Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Informationen zur Ausstellung Aufsässiges Land - Streik, Protest und Eigensinn

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Alexander Musik