Stand up in der Ukraine

24. Februar 2023, 06:56

Am 24. Februar war ich bei den Eltern... zuhause... beruflich unterwegs... Ich wusste es... Ich habe es nie geglaubt... Ich bin sofort geflüchtet... Ich bin geblieben... Ich habe Straßenkämpfe aus meinem Fenster verfolgt... Ich habe abgeschossene Autos mit toten Menschen darin gesehen... Jedenfalls ist es mir nicht so schlecht gegangen, wie den anderen, ich habe keinen Grund zu jammern.

So ungefähr erzählen sie, werden sie danach gefragt. Jeder und jede - ihre eigene Geschichte über den 24. Februar, als die Zeit stehen geblieben ist. Sie beschweren sich nicht, sie klagen nicht, solange alle Teile ihres Körpers unverletzt und alle Verwandten am Leben blieben. Und sie lächeln, ja lachen manchmal. Noch nie waren sie so witzig wie jetzt.

Stand up Comedy nahm an Popularität erstaunlich zu. Vor dem Krieg hatten wir kaum Publikum, sagt ein Komiker aus Winnyzja, jetzt kommen wir in den Keller und ihr seid schon da. Das Publikum, das tatsächlich da ist und nicht wegen des Luftangriffs, bricht in Lachen aus. Ein anderer wird von der Front beurlaubt, um in Kyjiw aufzutreten, das renommierte October-Palais mit 2000 Sitzplätzen ist voll.

Sie verspotten sich selbst und alles Mögliche: die Stimmen, die den Luftalarm am Handy ankündigen, das Leben im Dunkel, den Aberglauben im Schützengraben, die Hausfrauen, die feindliche Drohnen mit einem Glas Saure Gurken abschießen... Stopp, es waren Tomaten… Diesen Krieg, sagt der Uniformierte im October-Palais, würde ich mit der Serie Game of Thrones vergleichen, weil man nie im Voraus weiß, wer von den Haupthelden als nächster stirbt. Auch hier schallt ein Gelächter durch den Saal.

Sie lachen großzügig und ehrlich, was ihrem bitteren Weinen morgen oder bereits in ein paar Stunden nicht widerspricht. Das Haus des Leidens muss regelmäßig gelüftet werden.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler

Übersicht

• Ukraine