Barbara Prainsack

(c) MATEJ ZOBAVNIK

Punkt eins

Die Zukunft der Erwerbsarbeit

Wie Arbeit fair entlohnt und Lasten gerecht verteilt werden können. Gast: Univ.-Prof. Dr. Barbara Prainsack, Institut für Politikwissenschaft, Universität Wien. Moderation: Marlene Nowotny. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Im Jahr 2030 werden wir nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten - aufgrund des technologischen Fortschritts, der immer höheren Produktivität und des steigenden Vermögens, das prognostizierte der britische Ökonom John Meynard Keynes in seinem 1930 erschienen Text zur Zukunft der Arbeit, genauer zu den "Wirtschaftlichen Möglichkeiten unserer Enkelkinder". Drei Stunden am Tag wären ausreichend, um allen notwendigen Arbeiten nachgehen und gleichzeitig gut leben zu können. Vorausgesetzt alle würden von der wachsenden Produktivität profitieren und der gesellschaftliche Wohlstand würde entsprechend verteilt.

Eine Zeitlang entwickelten sich die allgemeinen Arbeitszeitregelungen in Richtung Keynes' Prognose. Um das Jahr 1900 gab es in Österreich und anderen europäischen Ländern noch eine Sechs-Tage-Woche mit zehn und mehr Arbeitsstunden pro Tag. Nach einigen Reformen kam 1975 schließlich die 40-Stunden-Woche. Seit 1985 gilt in manchen Branchen eine Wochenarbeitszeit von 38-einhalb Stunden. Seitdem hat sich nichts mehr getan, obwohl es eine anhaltende Produktivitätssteigerung gab und die Arbeit selbst intensiver wurde. Neue Technologien haben zu Effizienzsteigerungen geführt, für viele endet der Arbeitstag erst vor dem Schlafengehen, wenn sie das letzte Mal ihre E-Mails checken.

Gleichzeitig hat spätestens in den 1990er Jahren ein Flexibilisierungsschub eingesetzt: Immer mehr Menschen haben nur Teilzeitstellen angeboten bekommen. Befristungen oder Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit wurden normalisiert, Einpersonenunternehmen und Scheinselbstständigkeit sind keine Seltenheit mehr. Atypische Arbeitsverhältnisse wurden "typisch". Während Produktivitätsgewinne stiegen und Renditen auf Kapitalvermögen stiegen, wurden Löhne niedrig gehalten - auch um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes zu sichern.

All diese Veränderungen der Arbeitswelt in den vergangenen Jahrzehnten beschreibt die Politikwissenschaftlerin Barbara Prainsack in ihrem neuen Buch "Wofür wir arbeiten". Sie zeigt, wie sich die Erwerbsarbeit verändert hat und warum eine Vollzeitanstellung heute für viele kein erstrebenswertes Lebenskonzept mehr ist; wie hoch die Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Branchen sind ohne ersichtlichen Grund - während die einen Überfluss erwirtschaften können, haben die anderen nicht genug, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Barbara Prainsack diskutiert auch denkbare Veränderungen und Gegenmodelle zur klassischen Erwerbsarbeit wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, Arbeitsplatzgarantien und eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.

Warum sollte sich unsere Vorstellung von (Erwerbs-)Arbeit verändern? Von welchen Veränderungen würden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren und gleichzeitig Probleme wie der gegenwärtige Arbeitskräftemangel entschärft? Müssen wir die Beziehung von Arbeit und Einkommen neu denken, um unsere Gesellschaft gerechter zu machen?

Über diese Fragen spricht Marlene Nowotny mit ihrem Gast Barbara Prainsack und mit ihnen: telefonisch während der Sendung unter 0800 22 69 79 oder per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Service

Service:
Das Buch "Wofür wir arbeiten" von Barbara Prainsack ist im Brandstätter Verlag erschienen.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Urheber/Urheberin: Duke Ellington
Titel: Working Blues
Ausführender/Ausführende: Duke Ellington
Länge: 02:01 min
Label: Blue Note

Urheber/Urheberin: Nat Adderley
Titel: Work Song
Ausführender/Ausführende: Monty Alexander
Länge: 04:49 min
Label: Blue Note

Urheber/Urheberin: George Gershwin, Ira Gershwin
Titel: Nice Work If You Can Get It (Take 2)
Ausführender/Ausführende: Thelonious Monk
Länge: 04:06 min
Label: BLue Note

weiteren Inhalt einblenden