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Punkt eins
Krieg. Und Frieden?
Über neue sicherheitspolitische Selbstverständlichkeiten, alte Ordnungen und die weltweite Wahrnehmung des russischen Angriffskrieges. Gäste: Brigadier Dr. Walter Feichtinger, Präsident des Center für Strategische Analysen (CSA) & Priv.-Doz. Dr. Thomas Roithner, Friedensforscher, Universität Wien und Internationaler Versöhnungsbund, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at
14. März 2023, 13:00
Eines Tages wird es Frieden geben. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wird am Verhandlungstisch enden, das zeigen die Geschichte und die empirische Konfliktforschung. Doch mehr denn je seit dem russischen Überfall auf das zweitgrößte Land Europas scheint unklar, wie der Weg dorthin und wie das Ergebnis - "der Frieden" - aussehen könnte. Ein Patentrezept gibt es nicht; historische Beispiele haben Konjunktur - vom Münchner-Abkommen über die Korea-Lösung bis zum Abkommen von Dayton.
Russlands Angriff hat die sicherheitspolitischen Selbstverständlichkeiten in Europa grundlegend verändert, doch es wird zunehmend eine Frage des Standorts, wie der Krieg, die Perspektiven auf Frieden und grundlegende Fragen der Sicherheit gestellt und beantwortet werden.
Europas Waffenimporte sind stark gestiegen, zeigt der am Montag publizierte Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI). Finnland und Schweden, jahrzehntelang bündnis- bzw. allianzfrei, haben nach wochenlanger Funkstille vor wenigen Tagen die Gespräche mit der Türkei über ihren NATO-Beitritt wieder aufgenommen. In Georgien gingen Tausende, unterstützt von der Präsidentin, gegen ein umstrittenes Gesetz auf die Straße; die Republik Moldau meldet Erfolge im Kampf gegen russische Umsturzversuche. In Deutschland spricht sich eine Gruppe Intellektueller laut gegen weitere Waffenlieferungen der deutschen Regierung an die Ukraine aus, ohne den Aggressor Russland dazu aufzurufen, seine Waffen niederzulegen. Im globalen Süden von Afrika über Asien bis Südamerika werden Werte wie Freiheit angesichts der Ernährungskrise als heuchlerisch wahrgenommen. Mit 18. März könnte das Schwarzmeer-Getreideabkommen auslaufen, wenn es nicht gelingt, es zu verlängern. Dass darüber verhandelt wird, zuletzt am 13. März, und dass der Austausch von Gefangenen funktioniert, sollte als Schritt zur Verhandlungslösung bewertet werden, meinen Analysten.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat auch grundlegende Fragen über die internationale Ordnung und die Welt, in der wir leben wollen, aufgeworfen. Er befeuert geopolitische Konflikte wie jenen zwischen China und den USA und bietet gerade für Staaten wie China neue Möglichkeiten, was sich auch im für viele unerwarteten diplomatischen Tauwetter zwischen Iran und Saudi-Arabien nach sieben Jahren Eiszeit zeigt. Internationale Organisationen der Friedenssicherung rücken ins Rampenlicht wie die Rolle der UNO, die in ihrer ersten Ukraine-Resolution Russland mit großer Mehrheit verurteilt hat, einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine und den vollständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine fordert. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könnte zeigen, was sie kann, doch sie ist mit ihrem Minsker-Abkommen 2014 gescheitert, hadert mit Russland und musste sich beim jüngsten Treffen in Wien wegen der Visavergabe unangenehme Vorwürfe gefallen lassen.
Über Frieden und Sicherheit in Zeiten des Krieges, Analysen der unterschiedlichen Positionen von Staaten und ihren Rollen diskutieren der Friedensforscher Thomas Roithner und der Experte für Konfliktmanagement Brigadier Walter Feichtinger als Gäste bei Barbara Zeithammer in Punkt eins - wie immer mit unseren Hörer:innen unter 0800 22 69 79 oder unter punkteins(at)orf.at
Welche Rolle spielt die Tatsache, dass es sich um den ersten Informationskrieg in Europa handelt? Wie sind die mittlerweile zahlreich zitierten historischen Beispiele zu beurteilen? Wie steht es um die Idee des Friedens und die Herausforderungen einer pazifistischen Haltung, wenn sie weder naiv noch destruktiv verstanden werden will? Und wie könnte eine europäische Friedensordnung aussehen - angesichts der so drängenden Probleme wie der Eindämmung der Klimakrise?
"Im ungewissen Friedensprozess werden wir Frustrationstoleranz entwickeln müssen", meint Thomas Roithner, und für den Weg zum Frieden gebe es kein Patentrezept. Thomas Roithner ist Friedensforscher, Privatdozent für Politikwissenschaft an der Universität Wien und Mitarbeiter im Internationalen Versöhnungsbund. Er hat zu Neutralitätsbewegungen in Mittel- und Osteuropa promoviert, zahlreiche Bücher zu sicherheitspolitischen Themen verfasst und engagiert sich als Kampagnenleiter für die Einführung eines Zivilen Friedensdienstes nach deutschem Vorbild, der Eingang in das Regierungsprogramm 2020 - 2024 fand.
Brigadier Dr. Walter Feichtinger ist Präsident des Center für Strategische Analysen (CSA), einer unabhängigen Plattform für sicherheitspolitische Themen und war viele Jahre Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (IFK) an der Landesverteidigungsakademie in Wien.
Sendereihe
Gestaltung
- Barbara Zeithammer
Übersicht
Playlist
Urheber/Urheberin: Werner Pirchner
Titel: Klaviertrio Nr. 1, PWV 31, Wem gehürt der Mensch, III; zT unterlegt
Ausführender/Ausführende: Eggner Trio
Länge: 05:22 min
Label: Gramola
Urheber/Urheberin: Werner Pirchner
Titel: Klaviertrio Nr. 2, PWV 29b. Heimat, IV
Ausführender/Ausführende: Eggner Trio
Länge: 02:58 min
Label: Gramola
Urheber/Urheberin: Werner Pirchner
Titel: Klaviertrio Nr. 1, PWV 31, Wem gehürt der Mensch; zT. unterlegt
Ausführender/Ausführende: Eggner Trio
Länge: 04:43 min
Label: Gramola