Zwischenruf

Vom Rolltreppen-Fasten und "Fastenschweinen"

Marco Uschmann, Pfarrer für Öffentlichkeitsarbeit in der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich über unterschiedliche Arten des Fastens

Wenige Wochen noch, dann ist die Fastenzeit zu Ende. Für Christinnen und Christen jedenfalls. Viele Menschen fasten ja derzeit, verzichten also auf Alkohol, Süßigkeiten oder essen kein Fleisch.

Man könnte sagen, nun sind die Mühen der Ebene erreicht, denn es dauert schon noch eine Weile, andererseits ist schon ein Großteil der Fastenzeit geschafft. Ursprünglich ist Fasten ja eine religiöse Praxis und ein Blick in die Religionen bestätigt das: Christen und Christinnen fasten zum Beispiel in den 40 Tagen vor Ostern - aber auch die Adventzeit ist Fastenzeit. Auch im Judentum gibt es über das Jahr verteilt mehrere Fastentage: zum Jom Kippur, dem Versöhnungstag, oder vor dem Pessachfest - das Fest, an dem die Juden dem Auszug von Ägypten gedenken. Und im Islam ist es der Ramadan, in dem gefastet wird. Er hat übrigens vor wenigen Tagen begonnen.

Und so ist Fasten kein Selbstzweck. Es dient dazu, ein bewussteres Leben zu führen. Das zeigt ein Blick auf die Fastenaktion der evangelischen Kirche in Deutschland. Schon über 30 Jahre gibt es die Fastenaktion "7 Wochen ohne" - und die erfindet sehr kreative Fastenziele. Heuer heißt die Aktion "7 Wochen ohne Verzagtheit". Es geht also nicht nur um Alkohol, Kaffee oder ähnliches, sondern um "Fasten im Kopf", wie sie es nennen. Das leuchtet mir ein: Denn, wenn ich mir sieben Wochen lang vornehme, nicht so schnell zu verzagen - sondern versuche, Positives im Leben zu entdecken, dann kann das schon etwas ändern. An mir und auch bei den Menschen, mit denen ich zusammenlebe oder mit denen ich zusammenarbeite.

Das geht natürlich nicht automatisch und das funktioniert auch nicht immer. Menschen sind ja keine Maschinen. Gott sei Dank. Nun heißt es in der Bibel, dass die Christinnen und Christen "das Licht der Welt" seien, wie Jesus Christus es sagt. Also leuchten. Nicht nur für sich selbst, sondern für andere. Und hier bekommt das Fasten eine durchaus neue und andere Dimension, denn es geht nicht mehr nur um mich, sondern auch um die Menschen um mich herum. Und so hat die Rückbesinnung auf das Wesentliche, denn das ist es ja, was Fasten auch erreichen will, einen schönen weiteren Effekt: den eigenen Blick auf den Nächsten zu lenken.

Allerdings kann sieben Wochen Fasten auch anstrengend werden. Allzu schnell steht man dann vor der Entscheidung, das Fasten abzubrechen oder durchzuhalten. Das muss natürlich jeder und jede selbst wissen und für sich beurteilen. Das hängt vielleicht auch ein wenig davon ab, was man sich vorgenommen hat in der Fastenzeit. Es gibt ja unendlich viele Arten, zu fasten.

Ein Bekannter von mir hat beispielsweise sieben Wochen Rolltreppen gefastet - das hat er dann über die Fastenzeit hinaus beibehalten. Am besten aber gefällt mir die Aktion eines anderen Bekannten, der jedes Mal in der Fastenzeit sein "Fastenschwein" herausholt. Dieses Fastenschwein legt, ganz erstaunlich, in der Fastenzeit zu: Jeden Abend füttert mein Bekannter das Fastenschwein mit den Münzen aus seinem Portemonnaie. Am Ende der Fastenzeit leert er das Fastenschwein und spendet den Betrag einer Hilfsorganisation. Eine schöne Art zu fasten. Vielleicht etwas für Sie im nächsten Jahr. Dafür dürfen Sie dann Rolltreppen fahren.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Claude Debussy
Titel: Petite Suite für Klavier zu vier Händen
* Cortege - moderato (00:03:16)
Ausführende: Duo Crommelynck
Ausführender/Ausführende: Patrick Crommelynck /Klavier
Ausführender/Ausführende: Taeko Kuwata /Klavier
Länge: 03:19 min
Label: Claves 508508

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