Rothwald

HANS GLADER

Vom Leben der Natur

Ungestörtes Wachsen und Vergehen im Urwald Rothwald (1)

Der Wildbiologe Reinhard Pekny ist Ranger im Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal im niederösterreichisch-steirischen Grenzgebiet.
Teil1: Totholz als Basis neuen Lebens

Es ist der größte Urwaldrest des Alpenbogens, einer der letzten Urwaldreste, die es auf diesem Planeten überhaupt noch gibt. Das Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal ist seit 2017 UNESCO-Weltnaturerbe. Mit seinen derzeit 70 km² Fläche umfasst es Teile des Rothwaldes und erstreckt sich vom niederösterreichischen Dürrensteinmassiv bis zur Einmündung des Lassingbachs in die steirische Salza. Dieser Urwald wurde seit der letzten Eiszeit keiner forstlichen Nutzung unterzogen, hat also nie eine Axt gesehen. Dieser in Österreich einzigartige Zustand kam durch die abgelegene Lage, die Besitzverhältnisse und einen jahrhundertelangen Grenzstreit zustande: Jahrhundertelang bewahrte ein Streit zwischen der Kartause Gaming und dem Stift Admont den Wald vor einer Nutzung. Im Jahr 1875 stellte der damalige Eigentümer, Albert von Rothschild, die Fläche unter seinen Schutz. Bis heute darf die streng geschützte Region von Betriebsfremden nicht betreten werden, das gebietet der Status Wildnisgebiet, der deutlich strengere Auflagen hat als beispielsweise ein Nationalpark. So kann sich der Wald ganz ungestört entwickeln. Und so erreichen die Bäume noch ihr natürliches Maximalalter: Fichten und Tannen können hier bis zu 600 Jahre alt werden und Buchen ein Alter von etwa 450 Jahren erreichen. Einige Eiben und Tannen sind um die 1.000 Jahre alt.

Neben den ca. 1.200 Vorratsfestmetern von sogenanntem "Lebendholz" ist das "Totholz" ein wichtiger Faktor im Rothwald und macht etwa ein Viertel der gesamten Holzmenge aus. Das heißt, Bäume sterben ab, bleiben stehen, fallen irgendwann um und dienen als Basis für neues Leben. Ein Zyklus des Wachsens und Vergehens, des Keimens und Sterbens.

Der hohe Anteil an Totholz und die mächtigen alten Baumbestände sind wundervolle Lebensräume für eine hohe Artenvielfalt von Organismusgruppen, die anderswo in dieser Dichte und Vielzahl nicht zu finden sind. So gibt es im Wildnisgebiet, einem montanen Bergmischwald, der zu jeweils einem Drittel aus Rotbuchen, Tannen und Fichten besteht, an die 280 verschiedene Moos- und 800 verschiedene Pilzarten. Und unter einem Quadratmeter Urwaldboden befinden sich bis zu 700 Kilometer Pilzmyzel. Das und vieles mehr erläutert der Förster und Wildbiologe Reinhard Pekny, der dort seit mehr als zwanzig Jahren für das Natura-Management zuständig ist.

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GESPRÄCHSPARTNER:
Ing. Reinhard Pekny
Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal

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