Emmanuel Macron

APA/AFP/LUDOVIC MARIN

Punkt eins

Europas Geopolitik: Das Erwachen der Macht?

Dritte Großmacht, versteckter Akteur, balancierende Kraft: Europa im Spannungsfeld zwischen China, Russland und den USA. Gäste: Prof. Dr. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Universitätsprofessorin i.R. für Sinologie am Institut für Ostasienwissenschaften der Universität; Österreichische Akademie der Wissenschaften & Dr. Thomas Eder, Österreichisches Institut für Internationale Politik oiip. Moderation: Barbara Zeithammer. Anrufe 0800 22 69 79 | punkteins(at)orf.at

Warum hat er das getan? Der Zeitpunkt war unglücklich bis verheerend, der Inhalt geriet zum diplomatischen Eklat und außenpolitischen Desaster: der französische Präsident Emmanuel Macron, innenpolitisch gerade schwer wegen seiner Pensionsreform unter Druck, hat am Rückflug von seiner China-Reise erklärt, Europa müsse in der Taiwan-Frage gleichermaßen Distanz zu China wie den USA halten und seine eigene Position vertreten, zu einem dritten Pol zwischen den sich seit einigen Jahren zunehmend mit Spannungen begegnenden Großmächten werden.

Seit Jahren spricht Macron von einer strategischen Autonomie Europas; unter seiner Präsidentschaft hat sich das Verhältnis zu den USA abgekühlt, die NATO hatte er 2019 für "hirntot" erklärt, nach China hatte ihn eine große Wirtschaftsdelegation begleitet und im Pazifik hat Frankreich eigene Interessen. Europas Außenpolitik ist allerdings seit Jahren ein Sorgenkind und die sino-europäischen Beziehungen mehr als kompliziert. Unklarheit herrscht auch über die mögliche Rolle Europas in der sich ändernden Weltordnung: ist Europa nur geopolitischer Zuschauer, muss es sich neu erfinden und zur dritten oder vierten Großmacht aufsteigen, um nicht zwischen die Fronten zu geraten, muss es bloß akzeptieren, dass es eine geopolitische Macht ist und aus seinem eigenen Schatten treten, soll es sich stärker als Teil Eurasiens verstehen, kann es einen Balanceakt wagen oder gilt es in der Rivalität zwischen den USA und China notwendigerweise Position zu beziehen?

Um Taiwan und im Pazifik geht der Konflikt zwischen China und den USA unterdessen in eine neue Runde: Am Samstag begann China ein mehrtägiges Militärmanöver als Reaktion auf die USA-Reise der taiwanesischen Präsidentin und übte dabei, die Insel von der Außenwelt abzuschneiden. Am Dienstag haben die USA gemeinsam mit den Philippinen ihr bisher größtes Militärmanöver im Pazifik begonnen. Am Mittwoch hat China eine Flugverbotszone nördlich der demokratischen und von China beanspruchten Insel Taiwan angekündigt. Und nicht nur der brasilianische Präsident Lula da Silva ist diese Woche zu einem Staatbesuch nach China gereist, sondern auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Die zentralen politischen Gespräche sind für Freitag geplant.

Wie sieht Europas Rolle in der Welt aus und wie eine angemessen China-Strategie? Muss Europa sich entscheiden und früher oder später eine Seite - die USA oder China - wählen, wie manche Analysten meinen oder ist das Bild einer bipolaren Welt viel zu simpel angesichts der vielen Abhängigkeiten und Verflechtungen? Ist Europas geopolitische Macht erwacht oder wird der Kontinent unter dem Druck der Umwälzungen "erwachsen", wie andere Kommentatoren schreiben?

Die Sinologin und Universitätsprofessorin Susanne Weigelin-Schwiedrzik und Thomas Eder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Internationale Politik (oiip) analysieren als Gäste bei Barbara Zeithammer Europas Rollenfindung in einer sich massiv verändernden Welt, die Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten.

Thomas Eder forscht unter anderem konkret zu Europas China-Politik und Susanne Weigelin-Schwiedrzik schreibt gerade an einem neuen Buch über "China und die Neuordnung der Welt. Europa im Spannungsfeld zwischen China, Russland und den USA" (erscheint im September im Brandstätter Verlag).

Diskutieren Sie mit und stellen Sie Ihre Fragen: telefonisch unter 0800 22 69 79 kostenfrei aus ganz Österreich oder schriftlich per Email an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

Gestaltung

  • Barbara Zeithammer

Playlist

Urheber/Urheberin: Giovanni Bononcini
Titel: Sonate für 2 Cellos in A-Moll, I. Andante; zT unterlegt
Ausführender/Ausführende: Richte Van Der Meer & Roel Dieltiens
i
Länge: 02:45 min
Label: Accent

Urheber/Urheberin: Georg Friedrich Händel
Titel: Sonate für Violoncello und Klavier in C-Dur, I. Larghetto; zT unterlegt
Ausführender/Ausführende: Jorg Metzger & Kirste Hjort
Länge: 04:58 min
Label: Orbis

Urheber/Urheberin: Giovanni Bononcini
Titel: Sonate für 2 Cellos in A-Moll, III. Minuetto, I Grazioso - Minuetto II; zT unterlegt
Ausführender/Ausführende: Richte Van Der Meer & Roel Dieltiens
Länge: 04:36 min
Label: Accent

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