Zwischenruf

Pro und Contra Muttertag

von Margit Hauft, Religionspädagogin und ehemalige Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs

Bei den Gedanken zum zweiten Sonntag im Mai ist der Muttertag nicht auszuklammern, dieser Tag, dessen Sinn zwar klar definiert ist, der aber trotzdem immer wieder die Geister scheidet.

Von wegen Ehrentag der Mütter: Welche Art von Mutter wäre denn da zu ehren, es gibt ja heutzutage so viele Mutterbilder. Ist diese Vielfalt wirklich nur eine Zeiterscheinung, und könnte vielleicht die Bibel mit einem einheitlichen Mutterbild aushelfen?

Alleinerziehend, spätgebärend, berufstätig - schon vor mehreren tausend Jahren standen Mütter vor ähnlichen Fragestellungen wie heute, wie Frauenfiguren in der Bibel beweisen. Frauen geraten immer wieder in Bezug auf ihren Kinderwunsch und die konkrete Gestaltung ihrer Mutterschaft in kontroverse Diskussionen. Oft wird ihnen vorgeworfen, sie seien zu alt, sie hätten zu viele oder zu wenige Kinder, sie seien zu egoistisch, weil sie auf die Bedürfnisse ihrer Kinder aufgrund ihrer Berufstätigkeit nicht ausreichend achten würden; zu bequem, weil sie nicht durch eine rasche Rückkehr in die Erwerbstätigkeit selbst für ihren Unterhalt sorgen würden. Die Bibel zeichnet kein einheitliches Bild der Mutter.

DIE Mutter ist also nirgends zu finden, DER Muttertag ist aber in diesen Tagen allgegenwärtig. Und Kritik an diesem Ehrentag ist nichts Neues. Da stört einerseits die Kommerzialisierung, andererseits die fallweise ideologische Verzerrung und nicht zuletzt die Frage: Wer will schon einmal im Jahr Wertschätzung, und sich die restlichen 364 für Job, Haushalt und Familie aufreiben? "Ich wünsche mir, dass die Sorge für andere Menschen dieselbe Anerkennung bekommt wie Erwerbsarbeit," wird zum Beispiel unter "Muttertagswunsch" getwittert, aber auch "Lasst uns wenigstens diesen einen Tag, an dem uns gedankt wird!"

Die Bandbreite der Meinungen zum Thema Muttertag könnte größer nicht sein. Es ist alles zu finden. Von "so etwas brauche ICH doch nicht" bis zu echter Freude über die mehr oder minder gelungenen Zeichen von Dankbarkeit und Zuwendung bei den Müttern. Und vom Feuereifer beim Vorbereiten und Gestalten des mütterlichen Ehrentages bei den Kleinen bis zum von schlechtem Gewissen getragenen Seufzer von erwachsenen Kindern: "Eigentlich sollte ja jeden Tag Muttertag sein, bei all dem, was sie für uns getan hat, aber zurückgeben kann man das ja sowieso nie."

Vielleicht ist der Muttertag eine Gelegenheit, einmal darüber nachzudenken, vielleicht auch darüber zu reden, was ihr schwergefallen ist, was sie als Zumutung empfunden hat, wozu sie sich hat durchringen müssen und auch darüber, was ihr, trotz allem, nicht gelungen ist. So etwas wie ein schützendes "Muttergen" wird ja nicht automatisch mit dem Mutterwerden mitgeliefert und auch die Mutterliebe ist kein Allheilmittel sondern ein Weg, den es zu gehen gilt, der Kreuzungen hat, Hindernisse und Steilstücke, wie die Liebe überhaupt.

Albert Schweitzer drückt es so aus: "Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." Zum heutigen Muttertag wünsche ich allen, egal ob und wie wir ihn begehen, ganz viel von dieser Liebe zum Bekommen und Weitergeben, damit unsere Welt immer wieder ein Stück mütterlicher wird.

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Claude Debussy
Titel: Children's Corner - Suite für Klavier
* Doctor Gradus ad Parnassum - Moderement anime (00:02:12)
Anderssprachiger Titel: Kinderecke
Solist/Solistin: Arturo Benedetti Michelangeli /Klavier
Länge: 02:15 min
Label: DG 4153722

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