Statue von Adam Smith in Edinburgh

AP/SHINICHI IKEDA

Radiokolleg

Adam Smith - Der Luther der Ökonomie (2)

Der Mensch, das altruistische Tier?

Bevor er in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Wirtschaftswissenschafter Furore machte, wurde Adam Smith als Moralphilosoph berühmt. In seinem Werk "Theorie der ethischen Gefühle", 1759 erschienen, legte der schottische Aufklärer seine Sicht des Menschen dar. Anders als Thomas Hobbes ein Jahrhundert zuvor, der ein düsteres Menschenbild formuliert hatte, zeichnete Smith ein eher positives Bild der menschlichen Gattung. Der Mensch sei ein geselliges Wesen, so sieht es der große Schotte; die Fähigkeit zu Sympathie und Empathie, der Sinn für Fairness und solidarisches Handeln seien quasi von Geburt an in der menschlichen Natur verankert, so Adam Smith.

Der Grazer Philosoph Gerhard Streminger - einer der renommiertesten Experten in Sachen schottische Aufklärung - relativiert. "Aus heutiger Sicht war Adam Smith' Menschenbild sicher zu optimistisch. Dass der Mensch anderen wohlgesonnen sei und sich solidarisch für ihr Wohl einsetze, gilt vor allem für den emotionalen Nahbereich, also für Familie, Freunde und gute Nachbarn. Aber eine darüber hinausgehende Anteilnahme am Schicksal anderer und eine Freude am Glück Fremder dürfte wohl eher die Ausnahme denn die Regel sein."

Was festzuhalten bleibt: Adam Smith' Menschenbild unterscheidet sich fundamental von dem seiner neoliberalen Adepten von heute. Der Mensch als nutzenmaximierender Egozentriker, der ausschließlich oder so gut wie ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist - das war nicht das Bild des Menschen, das Adam Smith gepflegt hat.

Service

Radiokolleg-Podcast

Gerhard Streminger: "Adam Smith - Wohlstand und Moral - Eine Biographie", C. H. Beck, 254 Seiten,

Adam Smith: "Philosophische Schriften", herausgebeben von Norbert Paulo, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 310 Seiten

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