Frau betrachtet ein ausgestelltes Gemälde (Miler Lagos)

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Salzburger Nachtstudio

Embodiment

Der Körper spricht immer! Embodiment - ein innovatives Konzept der Entwicklungsforschung und Psychoanalyse

Zeitgenössische Diskussionen der Psychoanalyse als klinische und wissenschaftliche Disziplin haben zu neuen Sichtweisen auf das Leib-Seele-Problem geführt. Das betrifft vor allem den intensiven Dialog mit den Neurowissenschaften, der inzwischen auch die öffentliche Wahrnehmung der Psychoanalyse prägt.

Dabei geht es unter anderem um die Erkenntnis, dass Gedächtnis und Erinnerung nicht nur Leistungen unseres Gehirns sind, sondern im gesamten Körper und diversen Körperwahrnehmungen gespeichert werden. Der Körper zeigt sein "Gedächtnis" über sensomotorischen Empfindungen, in Form von psychosomatischen Beschwerden oder Organreizen, jedoch verschlüsselt!

Das Konzept des Embodiment fokussiert sich aber nicht auf das Entschlüsseln der sogenannten "Körpersprache", sondern geht von der umfassenden Tatsache aus, dass der Körper an allen psychischen Prozessen, an allen Gefühlen, Gedanken, Erinnerungen, kausal beteiligt ist, auch zu Zeiten der menschlichen Entwicklung, die wir bewusst nicht erinnern können - wie in der Säuglings- oder Kleinkindphase. Während in früheren Denkmodellen Erinnern und Wiedererkennen lediglich zu automatischem "replay" identischer Engramme führte, erfasst das Embodiment Physiologie wie Psychologie des Gedächtnisses gleichermaßen, indem es Gedächtnis sowohl in Interaktion mit der Umwelt als auch in ständiger adaptiver Veränderung im Organismus begreift.

Das zeigen die Forschungsergebnisse der Psychoanalytikerin und Direktorin des Sigmund Freud Instituts Frankfurt, Marianne Leuzinger-Bohleber. Gemeinsam mit ihrem Team wirft sie eine radikal neue Sicht auf das Mind-Body-Problem. Das Embodiment, also die "Verkörperung" von Körper- und Beziehungserfahrungen, auch solcher, die noch vor dem Spracherwerb liegen, ist daher zu einem innovativen Konzept geworden. Das betrifft sowohl die Grundlagenforschung als auch Erkenntnisse der Neurowissenschaften, Mikrobiologie oder Genetik. Das Embodiment lenkt eine neue Sicht auf frühe Entwicklungsprozesse, frühe Elternschaft, Prävention von Entwicklungsstörungen sowie auf traumatische und depressive psychische Prozesse.

Sendereihe

Gestaltung

  • Katrin Mackowski