Amani Abuzahra

ELODIE GRETHEN

Gedanken für den Tag

Wutbürgerinnen und Wutbürger

Amani Abuzahra, Philosophin und Autorin, zum muslimischen Opferfest

"Ich vermute, einer der Gründe, warum Menschen so hartnäckig an ihrem Hass fest-halten, ist, weil sie spüren: Wenn der Hass einmal verschwunden ist, werden sie gezwungen sein, sich mit Schmerz zu beschäftigen", schreibt der amerikanische Schriftsteller James Baldwin. Diese Aussage beziehe ich oft auf sogenannte "besorgte Bürgerinnen und Bürger", "Wutbürgerinnen und Wutbürger".

Wenn man es kurz aus einer anderen Perspektive betrachtet, so ist das Opferfest auch eine Einladung sich mit dem eigenen Schmerz zu befassen. Mit dem Inneren zu reflektieren. Die Auseinandersetzung mit sich selbst, den tiefer liegenden Problemen, der Frage nach den Bedürfnissen.

Wutbürgerinnen und Wutbürger seien die Verliererinnen und Verlierer, das ist ihre Selbstwahrnehmung. Statt sich mit ihren Gefühlen, Ängsten auseinanderzusetzen, projizieren sie diese auf andere. Denn sich mit seinem eigenen Schmerz zu beschäftigen bedeutet, diesen zunächst zu akzeptieren, auszuhalten. Das tut weh und eröffnet vielleicht dunkle Bereiche, die man gar nicht so genau sehen möchte.

Wut und Hass sind im Gegensatz dazu sehr aktive Emotionen, die zum Handeln drängen. Sie suggerieren im ersten Moment Stärke, man wird laut, präsent, und das gibt einem das Gefühl von Handlungsmacht, die das vermeintliche Problem lösen würde. Sich mit sich selbst so tiefgehend auseinanderzusetzen, um zu verstehen, woher die Abneigung gegen andere rührt, bedeutet auch sich die Zeit zu nehmen, das Eigene zu verstehen.

Die Frage, wie wir zusammenleben wollen, setzt eine Bejahung der Grundfrage voraus, ob wir zusammenleben wollen. Wenn sich allerdings Menschen dem Hass hingeben, bedeutet das, dass sie sich nicht mit dem Wie auseinandersetzen wollen. Denn das würde implizieren, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen.

Service

Amani Abuzahra, "Ein Ort namens Wut", Verlag Kremayr & Scheriau

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Marcelo Zarvos geb.1969
Vorlage: Nicholas Sparks
Gesamttitel: THE CHOICE / Original Filmmusik
Titel: The secret of life/instr.
Anderer Gesamttitel: THE CHOICE - BIS ZUM LETZTEN TAG
Orchester: Filmorchester
Leitung: Adam Klemens
Länge: 02:39 min
Label: Milan/Warner 3299039979426

weiteren Inhalt einblenden