Ein Mann fotografiert ein Gemälde von Artemisia Gentileschi

PICTUREDESK.COM/AP/ANDREW MEDICHINI

Gedanken für den Tag

Gentileschi: Judith enthauptet Holofernes

von Johanna Schwanberg, Direktorin des Dom Museum Wien

Seine Tochter Artemisia habe "solche Werke geschaffen, welche große Meister des Faches vielleicht nicht erreichen können", hat der Vater der Barockmalerin, Orazio Gentileschi, bereits zu Beginn ihrer Karriere stolz geschrieben.

Orazio, der eine Malerwerkstatt in Rom betrieben hat, war auch selbst für die Ausbildung seiner talentierten Tochter zuständig. Andere Ausbildungswege als im familiären Umfeld waren für eine Frau damals kaum denkbar. Die Produktionsmittel, die entscheidenden Verbindungen, aber auch die Möglichkeit, Verträge zu unterschreiben, waren ausschließlich in Männerhand. Allein die Tatsache, dass Artemisia mit 23 Jahren als eine der ersten Frauen an der "Accademia del Disegeno" in Florenz aufgenommen worden ist, war eine Sensation. Später hat die Barockmalerin dann in Neapel sogar selbst eine Werkstatt betrieben, in der sie Lehrlinge ausgebildet hat.

Mich begeistert vieles an Gentileschis Karriere. Besonders, dass sie sich nicht auf sogenannte "Frauengenres" wie Stillleben, Miniaturen und Porträts beschränken hat lassen. Vielmehr hat sie sich auf Themen konzentriert, die normal Männern vorbehalten waren: auf großformatige Historienbilder und biblische Motive. Dabei hat sie jene als aktiv Handelnde ins Zentrum der Bilder gerückt, die sonst in der Kunstgeschichte meist passiv dargestellt werden: Frauen. Dies zeigt sich auch in ihren berühmtesten Bildern - den Interpretationen der biblischen Geschichte von Judith und Holofernes.

Herausragend etwa die 1614 entstandene Version, die in den Uffizien hängt. Bis heute schockieren der unvergleichliche Realismus, das spritzende Blut und die körperliche Gewalt. Judith schlägt, tatkräftig unterstützt von ihrer Magd, dem schlafenden Holofernes den Kopf ab. Dass es dabei um mehr als um politischen Mord, sondern auch um ein Sich-Wehren gegen männliche Gewalt geht, lässt sich angesichts der Biografie der Künstlerin und ihrer eigenen Vergewaltigung nur schwer beim Betrachten dieses Meisterwerks ausblenden.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Henry Purcell 1659 - 1695
Album: BAROQUE FAVORITES: BELIEBTE STÜCKE AUS DEM BAROCK
Titel: Rondeau - Nr.2 aus der Musik zu dem Theaterstück "Abdelazer oder Die Rache des Mohren" Z 570
Orchester: English Chamber Orchestra
Leitung: Raymond Leppard
Länge: 01:15 min
Label: CBS MYK 42548

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