Späte Federnelke (Dianthus serotinus) und Sand Gipskraut (Gypsophila-fastigiata)

HEINZ WIESBAUER

Vom Leben der Natur

Sanddünen im Marchfeld (1)

Der Landschaftsökologe Heinz Wiesbauer über einen gefährdeten Lebensraum.
Teil 1: Eiszeitliche Ablagerungen

Sanddünen und Sandberge im Marchfeld: "Was auf den ersten Blick exotisch anmutet, hat eine lange Vergangenheit", sagt der Landschaftsökologe Heinz Wiesbauer. In der letzten Eiszeit und Nacheiszeit wurden Flugsande in größeren Teilen des heutigen Marchfelds aufgeweht. Voraussetzungen für die Sandverlagerungen waren das raue Klima und die geringe Vegetationsbedeckung. Vor 10.000 Jahren jedoch wurde es wärmer, der Pflanzenwuchs nahm stark zu, und die Verlagerungen des Sandes wurden unterbunden. Erst durch menschliche Eingriffe wie zum Beispiel Rodungen mobilisierten sich die Sande wieder und machten aus Teilen des Marchfelds ein unbewohnbares Gebiet. Zur Zeit Maria Theresias gab es erste Versuche, gegen die Flugsande anzukämpfen und das Gebiet fruchtbar zu machen.

Die Archiv- Recherchen des Historikers Anton Tantner zeigen, wie in unterschiedlichen Zeiten gegen den Flugsand in der Region vorgegangen wurde, von den "Sand-Tilgungs-Angelegenheiten" der Habsburger und ersten Windschutzgürteln, bis zur Marchfeld-Aufforstung im 20. Jahrhundert, die durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen wurde.

Interessant ist auch, dass die Sanddünen sehr früh als Naturschutzgebiete ausgewiesen wurden. Was an dieser historischen Aufarbeitung ebenfalls sichtbar wird, ist die politische Aufladung und Bewertung der Landschaft: So wurden etwa in den 1940er-Jahren Steppen-Gebiete im Marchfeld unter Schutz gestellt, gleichzeitig aber wetterten die Nationalsozialisten gegen die "baumlosen Gebiete" und ihren "mangelnden Heimatwert" und schlugen vor Hecken zu pflanzen, um die nationalen Grenzen zu befestigen.

Heute sind die Sanddünen im Marchfeld weitgehend nicht mehr sichtbar und gefährdete Lebensräume. Die Vegetation zeigt noch den sandigen und trockenen Untergrund an, die Pflanzen sind an diese Bedingungen sehr gut angepasst. Auch die Tierwelt nutzt die Sandlebensräume: Sandbienen und Grabwespen zum Beispiel bauen Nester und Kinderstuben für ihre Nachkommen.

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GESPRÄCHSPARTNER:
Dipl.-Ing. Heinz Wiesbauer
Landschaftsökologe
Privatdoz. Mag. Dr. Anton Tantner
Historiker
Universität Wien

Europaschutzgebiete Pannonische Sanddünen & Sandboden und Praterterrasse
Naturschutzgebiet Sandberge Oberweiden
Sanddünen und Sandberge

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Buchtipp:
Heinz Wiesbauer: Wilde Bienen. Biologie, Lebensraumdynamik und Gefährdung.
3., erweiterte und aktualisierte Auflage 2023. Ulmer Verlag.

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