Anton Heiller und die Sakralmusik

15. September 2023, 06:57

Vom heiligen Augustinus ist das Dictum bekannt, er wisse nicht, ob Musik ihn zum Göttlichen hinführe oder ob sie ihn ablenke. Schon seit der Urzeit der Kirchenväter bleibt das Verhältnis zwischen Musik und Kirche zumindest angespannt.

Das Tauziehen zwischen liturgischen Anforderungen und der künstlerischen Freiheit, zwischen dem Wunsch, Gott die höchste Kunst zu weihen und der Notwendigkeit, diese Kunst auch allgemein verständlich zu machen zwingt die Kirche immer wieder, der Musik und der Kunst Fesseln anzulegen. Mozart war in seiner Kirchenmusik in Besetzung und Dauer an die Zeremonien des Salzburger Hofs gebunden, seine Musik wurde - wie die der Wiener Klassik - unter Papst Pius IX. als unkirchlich erklärt und mit Aufführungsverboten belegt.

Dass Johann Sebastian Bach mit seiner Kirchenmusik aufgrund ihrer Komplexität Anstoß erregt hat, wissen wir, ebenso, dass die großen zeitgenössischen Vertonungen des Ordinarium Missae nur selten Eingang in die kirchenmusikalische Praxis gefunden haben. Dennoch muss die Kirche heute mehr denn je mit der heutigen Kunst und den Künstlern in einen Dialog treten:

Anton Heiller ist - obwohl kein Kirchenmusiker der alltäglichen Praxis - mit seinem gesamten Schaffen ganz nahe an der Kirche und ihrer Botschaft. Er schöpft aus der Vergangenheit, so aus den Gesängen des Gregorianischen Chorals, nutzt die Tonsprache einer abgesicherten Moderne für seine musikalische Aussage. Wie jedes wahre Kunstwerk eröffnet seine Kirchen- und Orgelmusik ihre Geheimnisse nicht beim ersten Hören, sondern lädt zum tieferen Eindringen ein. Diese Musik ist nicht, sie war nie Avantgarde. Sie erfüllt aber in ihrem Reichtum, ihrer Dichte alle Anforderungen großer Kunst.

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• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler