Im Penthouse der Spitzenforschung

6. Oktober 2023, 13:00

Vom "Zeilinger-Effekt" sprachen Medien und Politik, als dem österreichischen Physiker letztes Jahr der Nobelpreis verliehen wurde. Bildungsminister Martin Polaschek sah auch vor Kurzem noch einen positiven Effekt: Die österreichische Wissenschaft sei "weiter ins Zentrum des öffentlichen Bewusstseins gerückt", erfuhr die Tageszeitung "Kurier" von ihm. Mit Ferenc Krausz gibt es nun wieder einen Nobelpreisträger, den Österreich - zumindest zum Teil - für sich reklamieren kann. Alles Spitze also in der heimischen Spitzenforschung?

Bei den aktuellen Budgetverhandlungen über die Forschungsfinanzierung zeigt sich ein anderes Bild. Mehrere Vertreter:innen von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen schlagen unisono Alarm: Vor allem die Grundlagenforschung sei noch immer ein Stiefkind, die Mittel nicht ausreichend für eine nachhaltige Projektförderung. Christof Gattringer, Präsident des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF, beklagte letzte Woche in einem Interview, dass das vom Finanzministerium bereits zugesagte Budget für die nächste Dreijahresperiode plötzlich wieder in Frage stehe.

Der FWF startete im Sommer mit der Finanzierung von fünf so genannten "Exzellenzclustern" - standortübergreifenden Kooperationen zu Themen von Quantenphysik bis Kulturgeschichte - eine der größten Initiativen zur Forschungsförderung bisher. Das dürfe aber nicht auf Kosten der vielleicht weniger spektakulären Einzelprojektfinanzierung gehen, sagte Gattringer zum "Standard": "Man kann kein Penthouse in den siebenten Stock stellen, ohne den Lift betreiben zu können."

Dieser Tage beginnen auch wieder tausende Studienanfänger:innen ihre Bildungskarriere an Österreichs Hochschulen. In die obersten Stockwerke der Spitzenforschung vorzustoßen, wird aber auch für die besten Köpfe unter ihnen nicht leicht. Bei den Ausgaben pro Student:in und den Betreuungsverhältnissen sind Österreichs Unis weit von der Spitze entfernt; der Einstieg in eine Forschungskarriere ist oft von persönlichen Opfern, Unsicherheit und prekären Beschäftigungsverhältnissen geprägt.

Vom Fundament bis zum Penthouse: Wo müsste Österreich ansetzen, um in der Wissenschaft nachhaltig relevant zu bleiben? Der Ökonom Jürgen Janger vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO hat Modelle der Hochschulfinanzierung als auch der antragsbasierten Forschungsförderung im internationalen Vergleich untersucht. Eine im Juni erschienene Studie kam zu dem Schluss: Ohne eine deutliche Steigerung der Mittel nutzt Österreich sein Potenzial bei der Ausbildung Hochqualifizierter nicht aus.

Christoph Gattringer und Jürgen Janger sind Gäste bei Xaver Forthuber und unsere Hörer:innen wie immer gefragt und herzlich eingeladen, mitzureden: Was kann die Gesellschaft von der Wissenschaft erwarten und umgekehrt? Zahlt sich Grundlagenforschung aus? Wie wichtig ist Ihnen Österreich als Forschungsstandort?

Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Xaver Forthuber