Die Philosophin: Die Heilige Katharina von Alexandria

30. Oktober 2023, 06:57

Wer ist heilig? Diese Frage haben sich viele Autor:innen gestellt. Jacobus a Voragine, im 13. Jahrhundert Erzbischof von Genua, opferte seinen Lebensabend, Antworten zu liefern.

Jacobus schrieb eine Sammlung von Heiligenlegenden und Festen des Kirchenjahres, die Legenda aurea. Gleich nach seinem Erscheinen trat das Werk einen einzigartigen Siegeszug durch das ganze Abendland an, wurde übersetzt und um weitere Legenden, Leiden und Abenteuer der Heiligen erweitert. Und es prägte Kunst und Volksfrömmigkeit. Um historische Wahrheit ging es dabei nicht, wie man am Beispiel der Katharina von Alexandria gut sehen kann.

Die Heilige, die angeblich im 4. Jahrhundert gelebt und gelitten hat, ist ziemlich sicher erfunden. Besser gesagt ist ihre Legende dem Schicksal der spätantiken Philosophin Hypatia aus Alexandria nachempfunden. Aber Jacobus a Voragine dreht kurzerhand Täter und Opfer um: Während die reale Hypatia von Christen ermordet wurde, nimmt die etwas weniger reale Katharina den Märtyrertod auf sich, weil sie als überzeugte Christin argumentiert "wider die Dummheit, Götzenbilder zu verehren", heißt es in der Legenda aurea.

Sie haben aber auch Gemeinsamkeiten: Wie die hellenistische Astronomin Hypatia ist die christliche Heilige Katharina in allen sieben freien Künsten ausgebildet. Jacobus formuliert das Bewundernswerte Katharinas in fünf Punkten: "In ihr selbst war nämlich jede Art der Philosophie." 1969 wurde Katharina mangels Evidenz aus dem Allgemeinen Römischen Kalender gestrichen, 2002 wieder eingefügt. Für mich ist sie als junge Wissenschaftlerin die Heilige der Stunde.

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• Alexandra Mantler