Wenn Parteien auseinanderbrechen

7. November 2023, 13:00

Ein spektakuläres Zerwürfnis in der deutschen Linkspartei erreichte vor knapp zwei Wochen einen vorläufigen Höhepunkt. Sahra Wagenknecht macht ernst mit ihrem Vorhaben, eine eigene Partei zu gründen. Im ersten Schritt verkündete sie ihren Austritt aus der Partei Die Linke, mit der sie sich vor allem in Fragen der Klima- und Migrationspolitik überworfen hatte - und gründete einen Verein mit dem Ziel der Gründung einer Partei. Name: "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit". Umfragen deuten darauf hin, dass viele Wähler:innen dem prominenten Zugpferd in den neuen Stall folgen könnten. Und das nicht nur, weil wohl kaum jemand gegen Vernunft und Gerechtigkeit ist. Ist das alles, was es braucht, um eine Gesinnungsgemeinschaft aus der Taufe zu heben?

"Für Südtirol mit Widmann" stand auf dem Wahlzettel - der Name eines Mannes, der Name des Landes, und fertig ist die Partei. Der ehemalige SVP-Landesrat Thomas Widmann bekannte sich eigentlich zwar weiter zum Programm der langjährigen Landeshauptmann-Partei, hatte sich aber mit seiner Parteiführung zerstritten und trat schließlich mit einer eigenen Liste an. Es wurde dann ein "ernüchterndes Ergebnis" von 3,4 Prozent; aber auch die SVP von Landeshauptmann Arno Kompatscher ist auf einen historischen Tiefstand abgerutscht.

In Nordtirol sorgt indessen die für April angesetzte Innsbrucker Gemeinderatswahl schon jetzt für viel Spannung. In der Stadt-ÖVP rumort es seit langem; die vor 30 Jahren abgespaltene Liste "Für Innsbruck" konnte für ein gemeinsames Bündnis mit dem Bundespolitiker Florian Tursky als Bürgermeisterkandidat gewonnen werden, nun aber ist der "Partei-Rebell" Johannes Anzengruber ausgeschert und droht das bürgerliche Lager Stimmen zu kosten. Die regierenden Grünen haben schon im Vorjahr drei Mandatar:innen verloren, und die SPÖ hat dort nach internen Querelen keinen Klubstatus mehr. Seitdem herrscht offiziell das "freie Spiel der Kräfte".

Zu dem Zustand, in dem 2018 Pamela Rendi-Wagner die SPÖ übernahm, schrieb eine Kommentatorin, der Partei könne "nur noch eine Spaltung helfen" - die Interessen des urban-linken Lagers und die der "pragmatischeren Arbeiterschicht" seien in der heutigen Zeit nicht länger vereinbar. Diese Spaltung ist bis heute nicht passiert - geblieben sind die offen ausgetragenen parteiinternen Konflikte und Querschüsse gegen die Versuche des jetzigen Bundesvorsitzenden, die Partei hinter sich zu einen. Und die FPÖ hat überhaupt eine bewegte Spaltungs-Geschichte. Das Liberale Forum von Heide Schmidt und Jörg Haiders BZÖ sind nachhaltig in Erinnerung geblieben - wenn auch eher nur dort.

Eine stark zersplitterte Oppositionslandschaft eint oft der gemeinsame Gegner - das zeigen Bündnisse in Ungarn, der Türkei oder in Serbien, wo sich sogar zehn Parteien - wohl nur vorübergehend - "zusammengerauft" haben. Israels Parteienlandschaft ist notorisch kleinteilig - das Wahlrecht dort ermöglicht auch kleinen Parteien den Einzug ins Parlament, begünstigt aber auch Bündnisse zwischen ihnen. In den USA dagegen stellen "Drittparteien" traditionell höchstens Zählkandidat:innen.

Worum geht es bei einer Parteispaltung - um eine Person, um ein Konzept oder darum, wie sehr die Person für das Konzept steht? Was ist die Motivation dazu, und wie reagieren die ehemaligen Mutterparteien? Wer wählt ein "Team Vorname", eine "Liste Nachname" und warum? Wird das Fundament einer Gesinnungsgemeinschaft durch Spalt-Listen eher verbreitert - oder eher zerstückelt?

Der Politikbeobachter Peter Plaikner ist zu Gast bei Xaver Forthuber und diskutiert darüber mit ihm und mit Ihnen: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79 oder schreiben Sie ein E-Mail an punkteins(at)orf.at

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